Die Grundidee dieses Films ist großartig, denn sie birgt einen fantastischen Schatz, der mit einer Mischung aus Nostalgie und Ironie gehoben werden muss: Fünfzig Jahre nach der Kinopremiere der Winnetou-Filme lässt Autor Timo Berndt eine fünfköpfige Gruppe die kroatischen Originaldrehorte der Karl-May-Verfilmungen abklappern. Der Einstieg verspricht mit seinen parodistischen Anspielungen einen echten Leckerbissen; und dann wird „Winnetous Weiber“ doch bloß ein Frauenfilm mit anderen Mitteln. Natürlich spielen die Schauplätze eine Rolle, aber im Grunde hätten die Damen genauso gut beispielsweise auf dem Jakobsweg pilgern können, wenn es das nicht schon gegeben hätte („Die Dienstagsfrauen“); und die wenigen beteiligten Männer kommen kaum über den Status von Knallchargen hinaus.
Zunächst aber beginnt „Winnetous Weiber“ (Regie: Dirk Regel) wie ein Feuerwerk. Die Gestaltung des Vorspanns im Western-Stil, die Vorstellung der handelnden Personen mit dem typischen krachenden Schussgeräusch aus den Italo-Western, dazu jeweils kurz angespielt das musikalische Leitmotiv aus „Zwei glorreiche Halunken“, zu dessen Klängen die Figuren ihre Rollen bekommen (der Fan, die Lügnerin, das Opfer etc.): großartig! Die Sache hat nur einen Haken: Der Western ist ein typisches Männergenre, die Degeto-Unterhaltungsfilme im „Ersten“, jedenfalls die leichten, aber zumeist „frauenaffin“ ausgerichtet. Prompt wird Winnetou fortan zur Randfigur: Karl-May-Fan Maren (Nina Kronjäger), die als einzige mit Leib und Seele dabei ist, kommt nicht damit klar, dass ihre erwachsene Tochter Nora (Josephin Busch) demnächst ausziehen will. Weil sie außerdem chronisch pleite ist, neidet sie ihrer Freundin Gabi (Floriane Daniel), einer Unternehmerin, Erfolg und Einkommen. Leider muss das Trio die beiden Themen gleich mehrfach durchkauen, weshalb sie gegen Ende des Films ziemlich ausgelutscht sind. Einander zugetan sind auch ihre Begleiterinnen nicht: Die ebenso blaublütige wie gefühlskalte Elisabeth (Maren Kroymann) lebt mit dem Ritt einen lebenslangen Wunsch ihres frisch verstorbenen Mannes aus. Dafür lässt sie sich ausgerechnet von der jungen Geliebten (Teresa Weißbach) begleiten, in deren Armen er verschieden ist.
Da keine der Frauen sonderlich sympathisch ist, mangelt es dem Film zudem an einer Identifikationsfigur, zumal die Protagonistinnen recht oberflächlich bleiben. Daran ändern auch ein paar vermeintliche Überraschungen nichts: Elisabeth hat doch ein Herz, und die mehrmals von Panik erfasste Gabi outet sich als lesbische Sächsin. Prompt gibt es den nächsten Streit mit Maren, diesmal um die Frage, wer der bessere Winnetou war, Pierre Brice oder Gojko Mitić. Seltsam auch, dass die Damen zu Pferde ausnahmslos eine gute Figur machen und im Verlauf dieser Heldinnenreise kein einziges Mal über Rücken- oder Schenkelschmerzen klagen, dabei ist allein Elisabeth eine erfahrene Reiterin.
Trotzdem bietet „Winnetous Weiber“ immer wieder Anlass zur Freude. Josephin Busch wirkt mit Ende zwanzig zwar viel zu reif für eine Tochterrolle, die eher nach Teenager klingt, hält sich neben den erfahrenen Kolleginnen aber ausgesprochen gut. Und natürlich werden die Schauplätze angemessen gewürdigt. Da Kameramann Peter Ziesche weitgehend auf typische Western-Versatzstücke verzichtet, beschränken sich die entsprechenden Anspielungen im Wesentlichen auf die Musik, die dafür umso besser ist: Andy Groll hat sich einen Spaß draus gemacht, seine Kompositionen nicht nur den Karl-May-Melodien von Martin Böttcher, sondern auch den Western-Klängen von Elmer Bernstein („Die glorreichen Sieben“) nachzuempfinden. Sehr effektvoll ersterben gegen Ende die jubilierenden Geigen beim Erreichen des Reiseziels „Silbersee“, als die Frauen feststellen, dass das Gewässer von Touristen belagert wird. Hübsch ist auch der Einfall, dem Film ein scheinbares Cinemascope-Format zu verpassen. Die Idee, an den Schluss noch ein paar misslungene Aufnahmen anzuhängen, verpufft allerdings, weil die „Outtakes“ schlicht nicht witzig sind.