Sie hatten dieselben Träume, wollten das Gleiche vom Leben und haben sich einst geschworen, immer für einander da zu sein. Die drei Helden in Horst Sczerbas “Halt mich fest!” kommen noch einmal auf ihre Visionen vom Glück zurück. Mit Mitte 30 wollen sie es nicht wahrhaben, dass das schon alles gewesen sein soll. Anna Loos, Jan Josef Liefers und Jan Gregor Kremp spielen die Hauptrollen in diesem von Musik und Lebensgefühl getragenen Road-Movie, das angenehm unspektakulär erzählt wird und sich nicht ergeht in schweißtreibenden, peinlichen Rock’n’Roller-Posen oder wohlfeilen Nostalgie-Effekten.
Vor zwölf Jahren waren sie “Lovely Rita and her Johnny Guitars”. Heute leben sie angepasst, als Fliesenleger oder brave Hausfrau. Doch der Selbstmord ihres Trompeters bringt Johnny, Karl und Rita wieder zusammen. In einer feuchtfröhlichen Nacht entflammt alte Liebe, aber auch alte Lebensgeister erwachen. Karl, der als Alleinunterhalter an Wochenenden über die Dörfer tingelt, nimmt die beiden mit. Ihr Auftritt bei einem Schützenfest an der Mosel und die anschließende Liebesnacht zu dritt wird zur Chance, ihrem Leben eine Wende zu geben.
Horst Sczerba konnte es nicht mehr hören, wenn “die alten Säcke” zusammen sitzen und ihren verpassten Möglichkeiten nachweinen und ihren Frust im Bierglas ertränken. “Was wäre, wenn man die Träume mal beim Wort nehmen würde, statt immer klein vor sich hin zu wurschteln und im grauen Alltag abzusaufen”, sagte er sich und schrieb jene Geschichte über “eine neu gewonnene Freiheit, eine Art Ehrlichkeit”, die in diesem Alter von der Gesellschaft gerade zu als Schamlosigkeit empfunden werde. Da kommt natürlich das Gedankengut eines Post-68ers mit rein: “Die Geschichte enthält auch eine Vision von einer anderen Gesellschaft. Es ist der anarchische Traum von Liebe und Freundschaft frei von Besitzdenken.”
Foto: ZDF
„Halt mich fest!“ gewann auf dem Fernsehfilm-Wettbewerb Baden-Baden den renommierten Fernsehspielpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. Wegen der schwachen Quote hat das ZDF den Film nie wiederholt! Dabei wäre „Halt mich fest!“ ideal gewesen zur Ausstrahlung in ZDF-Kultur. Doch dafür fehlte es an Phantasie und am Wissen der Verantwortlichen, was alles in ihren Archiven schlummert. Mittlerweile gibt es auch ZDF-Kultur nicht mehr.
Zusammengehalten wird der atmosphärisch erzählte Fernsehfilm durch die Musik. Rock- und Pop-Evergreens, wie sie beim Kirmes-Tanz oder am Ballermann geschmettert werden: von “Keep on running” bis “It’s a heartache”, von Beatles bis Smokie. “Die Musik gibt dem Film seinen Fluss und bringt das Lebensgefühl mit rüber”, so Sczerba. “Musik gehört einfach zu einem Road-Movie.” Der Kölner suchte Schauspieler, denen man beim Musik machen auch auf die Finger gucken kann, die ihre Instrumente beherrschen und singen können. Und er fand sie: in Anna Loos, ausgebildet in klassischem Gesang, zur Zeit produziert sie ihr erstes Rock-Album, in dem “absolut hoffnungslosen Beatles- und Oasis-Fan” Jan Josef Liefers, der seit 20 Jahren seine Gitarre bearbeitet und erstmals in dem Film “Jack’s Baby” musikalisch von sich reden machte, und in Jan Gregor Kremp, Absolvent des Salzburger Mozarteums.
Die drei spielen alle Cover-Versionen von Hits wie “Purple Rain” oder “Next door to Alice” selbst. Zur Vorbereitung gehörten nicht nur Figuren-Diskussion und Text-Probe, sondern auch gemeinsames Musik machen. “Mir gefällt diese viel wahrhaftigere, sehr viel authentischere Sicht auf die Musik”, betont Liefers. “Halt mich fest” liefert nicht die klassische Hitparadenstürmer-Dramaturgie. “Es geht hier um Leute, die wahrscheinlich nie groß Karriere machen werden.” Auch Loos, Liefers und Kremp wollen als Rock’n’Roll-Trio nicht groß raus kommen. Das “Abrocken” blieb auf die Dreharbeiten beschränkt. Liefers: “Ich glaube nicht, dass die Welt auf uns gewartet hat!” (Text-Stand: 31.3.2000)