Privatdetektiv Finn Zehender bekommt von Agnes Sonntag, jener Fast-Staatsanwältin mit der Lizenz zum wuschig sein, einen Auftrag, der ihn sichtlich zu überfordern scheint. Ein Schweizer Staatsbürger ist im Besitz einer Liste mit Namen von „ehrenwerten“ Deutschen, die Gelder auf geheime Konten geschmuggelt haben. Nach einem Anschlag auf den Informanten sollen nur noch dessen Kinder Zugang zu der Liste haben. Doch diese, zwei verwöhnte Klugscheißer-Teenies mit Anti-Papa-Haltung, wissen von nichts. Zehender soll nun die Steuersünderdaten aufspüren – was zunächst einmal heißt, die beiden Halbwüchsigen aus der Schusslinie zu nehmen. Ein fast aussichtsloses Unterfangen! Denn nicht nur der Verfassungsschutz heftet sich an Finns Fersen; auch zwei Killer sind hinter der Liste her, von der sich ihr Auftraggeber hohe Erpresser-Erträge verspricht. Auf der anderen Seite steht nur der minderbemittelte Privatdetektiv („sicher, diskret, preiswert“), unterstützt von einem Ex-Polizisten, dem eine Kanonenkugel einst die Birne weich geschossen hat.
„Mörderische Jagd“ ist wie die ersten beiden Einsätze von Finn Zehender alias Hinnerk Schönemann eine willkommene Abwechslung vom pseudorealistischen Krimi-Einerlei. Dieselben Köpfe vor und hinter der Kamera. Autor Holger Karsten Schmidt, Regisseur Markus Imboden, Kameramann Peter von Haller und Komponist Detlef Petersen haben trotz wilder Schusswechsel und menschlicher Verluste einen grundentspannten Film vorgelegt. Die vermeintliche Unbedarftheit des Helden, die nie albern überzogen wirkt, gibt die Tonlage für die 90 Minuten vor. So fahrig wie er, so sprunghaft die Handlung. Auch Lakonie ist im Spiel. Das Land ist platt, der Horizont weit, die Killer sind nah. Der Plot ist simpel, so bleibt viel Raum für aberwitzige Situationen, und die Bilder haben eine große Unmittelbarkeit. Auch die Komik ist einfach strukturiert: „Ich mag keine Kinder“, mault Zehender. „150 € pro Stunde“, lockt sexy-Agnes. „Ich mag Kinder“, kommt es zurück. Anderes Beispiel: „In diesem Revier hab immer noch ich das Sagen“, stellt ein Polizist klar. „Jetzt nicht mehr“ – einer der Killer hat das letzte Wort. Ausgespielter macht der Witz noch mehr Laune. Agnes stellt ihren Finn den Leuten vom Verfassungsschutz mit den Worten „mein Bruder“ vor. Es folgt ein kaum enden wollender Kuss. Danach stellt Agnes klar: „mein geliebter Bruder!“.
Ein Dialog unter Killern:
Killer 1: „Du bist ein gottloser Heide.“
Killer 2: „Ja, aber du bist Christ und bringst Leute um.“
Killer 1: „Das hat bei den Christen eine große Tradition. Außerdem sende ich dem Allmächtigen nur die Ungläubigen und die Lügner.“
Killer 2: „Ja, aber es ist nicht christlich, Leute umzubringen.“
Killer 1: „Aber sicher, Psalm 7, Vers 13-14. Will man sich nicht bekehren, so hat er seine Schwerter gewetzt und seinen Bogen gespannt. Er zieht mit tödlichen Geschossen, seine spitzen Pfeile bringen Tod und Verderben.“
Auch wenn „Mörderische Jagd“ einlädt zu 90 relaxten Krimi-Minuten mit ironischen Untertönen – zu sehr sollte man sich als Zuschauer nicht zurücklehnen, sonst könnte einem doch einiges entgehen, an Zwischentönen, beiläufigen Bemerkungen, Zitaten. Denn nicht alle Gags poltern so skurril durchs Bild wie Thomas Thiemes Mühlfellner, der in einer Szene als Weihnachtsmann auftritt. Einiges ab bekommt die Religion, aber auch staatstragende Persönlichkeiten werden – zumindest unterschwellig – verulkt. Wer sich den besonderen Jux, den sich Schmidt & Co gemacht haben, nicht entgehen lassen möchte – der sollte den Film aufzeichnen und bei den Ansichten der Steuersünderliste auf „Standbild“ gehen… Da ist auch viel Selbstironie im Spiel. So finden sich auf der Liste auch Namen wie M. Imbodan GmbH, H. Schonemann KG oder Apekt Prod. GmbH. Und auch Loriot-Fans dürfen schmunzeln. Hieß es beim Meister einst, „Noch heute arbeiten bedeutende Regisseure nach dieser Grundidee, denken Sie nur an Bergmann, Sinkel, Fellini“, variiert Holger Karsten Schmidt wie folgt: „Große Fehler zu machen ist eine große Kunst, sagen Fellini, Imboden, Cassavetes.“