Tatort – Schützlinge

Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Poser, Neuwöhner, Eigler. Jenseits der Stille

Foto: WDR
Foto Tilmann P. Gangloff

„Schützlinge“ (2002) heißt der „Tatort“ aus Köln, in dem es wieder einmal um eine Minderheit geht: Gehörlose. Geschickt vermeiden es die Autoren allerdings, das Anliegen des Drehbuches allzu aufdringlich vor sich her zu tragen. Ein Mord lässt Ballauf und Schenk in ein Freizeitzentrum für Gehörlose ermitteln. Es ist eine fremde Welt, in die dieser ausgezeichnete „Tatort“ (oft in Gebärdensprache) entführt. Eine behutsame Reise in die Welt der Stille.

Rund 600 Kinder pro Jahr kommen in Deutschland gehörlos zur Welt; sie sind taubstumm, wie man für gewöhnlich sagt, weil sie in der Regel weder hören noch sprechen können. Das Wort „taubstumm“ aber, lernt man in diesem „Tatort“ gemeinsam mit Freddy Schenk (Dietmar Bär), gilt als verpönt. Es ist ein mühsamer Prozess, in den sich der Kölner Kommissar begibt, als er sich auf die Welt der Gehörlosen einlässt; Fettnäpfchen pflastern seinen Weg. Doch dann, zum Finale, macht sich sein Engagement bezahlt: Er verhindert ein mögliches Blutbad, weil er sich im Laufe der Ermittlungen ein paar Brocken Gebärdensprache angeeignet hat.

„Schützlinge“ heißt der „Tatort“ aus Köln, in dem es wieder einmal um eine Minderheit geht. Geschickt vermeiden es die Autoren Sven Poser und Sönke Lars Neuwöhner allerdings, das Anliegen des Drehbuches allzu aufdringlich vor sich her zu tragen. Im Zentrum der Geschichte steht, wie sich das gehört, ein ganz normaler Mord: Ein Hausbesitzer findet seinen Lagerverwalter tot auf; der mutmaßliche Mörder ist noch über ihn gebeugt. Auf dem Revier versucht Schenk vergeblich, dem vermeintlich verstockten Burschen auch nur ein Wort zu entlocken, bis sich schließlich herausstellt: Der Junge hört ihn gar nicht. Dafür nutzt er einen kurzen Moment de Unachtsamkeit und flüchtet, stürzt dabei aber aus einem Fenster zu Tode. Schenk, zutiefst betroffen, zieht sich zurück und lässt sich zum Befremden von Freund und Kollege Ballauf intensiv auf die Welt der Gehörlosen ein. Das ist auch gut so, wie sich bald herausstellt: Der junge Andy kommt kaum noch als Mörder in Frage, zumal kurz darauf auch der Hausbesitzer ermordet wird. Die Spur führt in ein Freizeitzentrum für Gehörlose.

Es ist eine fremde Welt, in die dieser „Tatort“ entführt. Wer nicht gerade der Gebärdensprache mächtig ist, bleibt oftmals auf Untertitel angewiesen; streckenweise „schimpfen“ die Gehörlosen auch miteinander, was für Außenstehende durchaus seine Faszination hat: Man kann selbst dann die „Stimme“ erheben, wenn man gar keine hat. Schade nur, dass Regisseur Martin Eigler, der die Geschichte auch initiiert hat, seiner Linie nicht treu bleibt: Wann immer ein Mensch mit Stimme in Gebärdensprache spricht, übersetzt er für’s Publikum, was seine Hände gerade erzählen; das wirkt in Filmen dieser Art stets etwas seltsam. Ansonsten aber ist „Schützlinge“ ein ausgezeichneter Köln-Krimi, der seine Zuschauer behutsam auf eine Reise in die Welt der Stille mitnimmt, ohne dabei auf die liebgewonnenen Versatzstücke (der übliche Zwist zwischen Schenk/Ballauf) zu verzichten. Für die Schauspieler waren die Dreharbeiten jedoch eine ganz besondere Herausforderung, denn einige von ihnen mussten erst mal die kompliziert anmutende Gebärdensprache lernen. Andere allerdings nicht: Der gleichfalls gehörlose Darsteller des Leiters vom Jugendzentrum, Marco Lipski, ist Redakteur des Bayerischen Rundfunks und betreut dort eine Sendung für Gehörlose, „Sehen statt Hören“.

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Reihe

WDR

Mit Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Naomi Krauss, Marco Lipski, Erhan Emre, Jana Pallaske, Karl Kranzkowski, Tessa Mittelstaedt

Kamera: Benjamin Dernbecher

Szenenbild: Jochen Schumacher

Produktionsfirma: Colonia Media

Drehbuch: Sven Poser, Sönke Lars Neuwöhner

Regie: Martin Eigler

Quote: 8,2 Mio. Zuschauer (22,6% MA)

EA: 03.03.2002 20:15 Uhr | ARD

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