Kommissarin Heller – Hitzschlag

Lisa Wagner, Hans-Jochen Wagner, Urzendowsky. Gute Genrekrimi-Unterhaltung

Foto: ZDF / Hannes Hubach
Foto Rainer Tittelbach

Ein Vergewaltiger geht um in Wiesbaden. Jetzt hat er – offenbar wider Willen – auch noch gemordet. Der Vergewaltiger bekommt sehr früh ein Gesicht. Was dem Zuschauer bereits im ersten Drittel nahegelegt wird, das erkennen die Kommissare erst auf der Zielgeraden von „Hitzschlag“, dem spannenden, mit dezentem Psychothrill unterfütterten fünften Film aus der ZDF-Reihe „Kommissarin Heller“. Gut strukturierter Gebrauchskrimi, der sich handwerklich, was Besetzung, Drehbuch, Look & Erzählfluss angeht, auf Premium-Niveau bewegt. Und Lisa Wagner spielt Winnie Heller noch einen Tick schräger und schroffer als bisher.

Ein Vergewaltiger geht um in Wiesbaden. Es ist Sommer, es ist heiß und er steigt in fremde Häuser ein, kommt nachts durch die offenen Fenster. Die Opfer wurden akribisch ausgespäht. Die Villen der wohlhabenden Frauen sind Ort der Vergewaltigungen. Zwei Mal das identische Muster. Beim dritten Opfer, einer Russin, gibt es eine entscheidende Abweichung: Der Täter hat sich nicht an ihr vergangen, dafür ist er zum Mörder geworden. Offenbar wurde er vom Ehemann, einem kontrollsüchtigen Sternekoch, überrascht. Der liegt am nächsten Morgen tot neben seiner gefesselten Frau. Winnie Heller und ihrem Kollegen Hendrik Verhoeven kommt das alles ziemlich seltsam vor. Die Abläufe in der Tatnacht sind von der Verhaltenslogik her nicht ganz plausibel. Außerdem muss der Täter schon einmal vorher am Tatort gewesen sein; das allerdings gilt auch für die anderen Vergewaltigungen. Auch die Ärztin, die die russische Frau untersucht hat, scheint etwas zu verheimlichen. Und auch der Kompagnon des Ermordeten hat Spielschulden und macht sich verdächtig. Von ihrer Psychotherapeutin erfährt Heller, dass es vor einigen Jahren schon einmal eine ähnliche Vergewaltigungswelle in Wiesbaden gegeben hat. Der damalige Ermittler habe sich in den Fall verbissen und sei versetzt worden. Bringen die alten Ermittlungsakten Heller weiter?

Kommissarin Heller – HitzschlagFoto: ZDF / Hannes Hubach
Unkonventionell & leicht gestört trifft auf grundsoliden Familienvater, der auch seine Päckchen zu tragen hat: Top-Ermittler-Duo, Lisa Wagner & Hans-Jochen Wagner

Der Vergewaltiger bekommt sehr früh ein Gesicht. Was der Zuschauer bereits im ersten Drittel ahnt und worüber er wenig später Gewissheit hat, das erkennen die Kommissare erst auf der Zielgeraden des fünften Films aus der Reihe „Kommissarin Heller“. In dezenter Psychothriller-Manier muss der Zuschauer zwischenzeitlich sogar um die attraktive Ehefrau des Kommissars bangen, an der der Vergewaltiger deutlich Gefallen findet. Und so ist     „Hitzschlag“ mit seiner Doppelstruktur – einerseits wird der Täter weitgehend offen geführt, andererseits kann die Vergewaltigungsserie weitergehen und es kann auch noch einen „Trittbrettfahrer“ geben – ein dramaturgisch clever erzählter, überaus spannender ZDF-„Samstagskrimi“, bei dem selbst die „familiären“ Szenen, hier die Verhoevens, dort der sexuell unterfütterte Privat-Clinch Hellers mit einem ehemaligen SEK-Mann, höchst effektiv nach dem Spannungs-Entspannungs-Prinzip gut eingebettet sind. Das Hochspannungsfinale, bei dem die Fäden im Polizeipräsidium zusammenlaufen, setzt diesem überaus gelungenen Gebrauchskrimi die Krone auf. „Gebrauchskrimi“ auch deshalb, weil die dritte, im Film visuell angedeutete Tat, retrospektiv betrachtet, etliche Logik-Probleme aufweist – wobei sich einige Ungereimtheiten möglicherweise sogar bis in die Bildebene eingeschlichen haben.

Dafür aber sind die Schauspieler große Klasse. Grimme-Preisträgerin Lisa Wagner („Tatort – Nie wieder frei sein“) spielt ihre Winnie Heller noch einen Tick schräger und schroffer als bisher, gerade das macht sie als Krimiheldin so erfrischend anders. Oft hat sie gute Sprüche auf Lager (Heinz Erhardt sei Dank: „Wasser trinkt der Vierbeiner, der Mensch findet Bier feiner“). Mit ihren Fischen würde sie gern mehr kommunizieren, doch die reden nicht mit ihr. Sie macht es mit den Kollegen ähnlich: Heller antwortet nur, wenn sie mag. Menschen auflaufen lassen, sie vor den Kopf stoßen (wenn es sein muss auch mit den Fäusten), ist ihre Spezialität. Neben Hans-Jochen Wagner gesellt sich als weiterer Mann an Lisa Wagners Seite Lucas Prisor, ein Typ Schauspieler, der für eine gewisse Unberechenbarkeit immer gut und dessen Rolle ausbaufähig ist – nicht nur als mögliches Liebesobjekt der Heldin. Sehr überzeugend und die Grundstimmung des Films stark beeinflussend ist einmal mehr Sebastian Urzendowsky („Polizeiruf 110 – Denn sie wissen nicht, was sie tun“). Keiner schwitzt in „Hitzschlag“ so bemitleidenswert wie er. Obwohl, Lisa Wagners schweißtreibende Eingangsszene in der Disco kann sich in Sachen sinnliche Schweißperlen auf der Haut allerdings auch sehen lassen. Dafür und maßgeblich für den abwechslungsreichen Look und den guten Erzählfluss sind Regisseurin Christiane Balthasar, Kameramann Hannes Hubach („Der Wagner-Clan“ / „Arnes Nachlass“) und Cutter Andreas Althoff („München Mord“) verantwortlich, ein eingespieltes Team bei allen „Heller“-Episoden. Fazit: packende Krimi-Unterhaltung auf handwerklich hohem Niveau, ein „Nur“-Genre-Film, der bis auf ein kleines Logikloch dramaturgisch stimmiger ist als seine Vorgänger. (Text-Stand: 8.12.2015)

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Reihe

ZDF

Mit Lisa Wagner, Hans-Jochen Wagner, Sebastian Urzendowsky, Lucas Prisor, Nina Kronjäger, Franziska Neiding, Christina Hecke, Karolina Lodyga, Peter Benedict, Lena Stolze

Kamera: Hannes Hubach

Szenenbild: Björn Nowak

Schnitt: Andreas Althoff

Musik: Johannes Kobilke

Produktionsfirma: Ziegler Film

Produktion: Regina Ziegler, Gabriele Lohnert

Drehbuch: Martina Mouchot

Regie: Christiane Balthasar

Quote: 6,95 Mio. Zuschauer (21,1% MA)

EA: 16.01.2016 20:15 Uhr | ZDF

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