Nun ist es doch nicht Hongkong geworden, aber Südafrika ist ja auch nicht schlecht. „Mission Mauritius“, der erste Film mit Saskia Vester als „Premium Kindermädchen“ für besondere Fälle, hatte mit einem Blick auf eine Hongkong-Reklame geendet. Ihr zweites Engagement führt die eigentlich arbeitslos gemeldete Henriette in die Nähe von Johannesburg. Dort muss sich ein Großvater um seine beiden Enkel kümmern, weil die Eltern der Jungs ihre Trennung nicht vor den Augen der Kinder vollziehen wollen. Die „Mission Südafrika“ entpuppt sich für Nanny Henni als echte Herausforderung, denn ihr Auftraggeber, Konrad Eckstein (Filip Peeters), ist ein verwitweter griesgrämiger Farmer, der zu seiner Tochter kaum Kontakt und von seinen Enkeln keine besonders hohe Meinung hat. Natürlich gelingt es der frohgemuten Münchenerin nicht nur, die raue Schale zu knacken, sie versöhnt auch Vater und Tochter.
Das klingt nach einem üblichen Freitagsfilm im „Ersten“, zumal schon „Mission Mauritius“ vor allem eine Mission Zeitvertreib war. „Mission Südafrika“ wirkt insgesamt jedoch gelungener. Die Umsetzung entspricht mit ihren vielen Aufnahmen von Wildtieren in der Savanne zwar dem bewährten Schema des Afrika-Dramas, aber die Bilder sind diesmal stimmiger in die Handlung integriert als die Tourismuswerbung im ersten Film. Dass sie prächtig anzuschauen sind, versteht sich fast von selbst. Kameramann Ngo The Chau, für einen „Tatort“ („Scheherazade“) und den Lars-Becker-Krimi „Zum Sterben zu früh“ jeweils mit dem Deutschen Fernsehpreis für die Beste Kamera ausgezeichnet, gehört zu den Besten seines Fachs und weiß natürlich, welches Augenfutter sich Auftraggeber, Produzent und Publikum erhoffen. Produziert werden die „Missionen“ von FFP New Media, die ansonsten im Wesentlichen die „Rosamunde Pilcher“-Filme fürs ZDF herstellt. Auf dem Sonntags-Sendeplatz kennt sich dank einiger „Inga Lindström“-Episoden auch Regisseur Udo Witte gut aus. Trotzdem widersetzt sich „Mission Südafrika“ in mancherlei Hinsicht den Erwartungen. So verzichtet das handlungsreiche Drehbuch (nach Martin Rauhaus diesmal Robert Krause) zum Beispiel erneut auf eine Romanze, obwohl Wildhüter Konrad dem Kindermädchen gegen Ende anerkennend attestiert, sie sei „das verrückteste Weib“, das er je kennengelernt habe.
Schon „Mission Mauritius“ musste ohne Liebelei auskommen, weil der gleichfalls verwitwete Hoteldirektor deutlich jünger als die Heldin war. In dieser Hinsicht nehmen die Produktionen der ARD-Tochter Degeto in der Regel Rücksicht auf die mutmaßlich konservativen Ansichten des Freitagspublikums; außerdem gab es eine andere Frau, die ohnehin besser zu ihm passte. Der knorrige Konrad und die temperamentvolle Henriette würden sich ebenfalls prächtig ergänzen, aber das wäre natürlich das Ende der Filmreihe. Die Heldin soll ja noch andere exotische Schauplätze aufsuchen, weshalb Henni den Avancen widersteht. Das macht die entsprechenden Szenen nicht weniger sehenswert, zumal der Belgier Filip Peeters, schon lange Stammgast im deutschen Fernsehen, eine ausgezeichnete Besetzung ist. Den braungebrannten Naturburschen verkörpert er gerade auch in den schönen Szenen mit einer Elefantendame ebenso glaubwürdig wie den verbitterten Vater. Der Tierarzt hatte immer gehofft, seine Tochter, ebenfalls Veterinärin, würde dereinst die Farm und auch seine Stelle im Nationalpark übernehmen, aber dann hat sie ihren Beruf aufgegeben und ist nach Johannesburg gezogen. Nun legt ihm eine Frau der Parkverwaltung nahe, in den Ruhestand zu gehen.
Soundtrack: Paul Simon („Diamonds on the Soles of Her Shoes“), Ladysmith Black Mambazo („Baba Wethu Singenile”), Orchestra Baka Bgine („Gati Bongo”), Rajery („Misahotaka Ny Akama”), The Rolling Stones ((„I Can’t Get No) Satisfaction”), Bill Medley & Jennifer Warnes („The Time of My Life”), Chubby Checker („Let’s Twist Again”), Djelimady Tounkara („Fanta Bourama”)
Außer dieser zwangsläufig eher negativ konnotierten Figur gibt es keine weiteren schwarzen Mitwirkenden. Zum Ausgleich hat Luis-Max Anders afrikanische Rhythmen und Instrumente in seine muntere Musik integriert. Das ist für Filme dieser Art nicht weiter ungewöhnlich, aber dank einiger Lieder ist die akustische Ebene ohnehin stark von einheimischen Klängen geprägt. Ansonsten dominiert das Deutsche: Die Ecksteins sind schon vor Generationen nach Südafrika ausgewandert; das muss als Erklärung genügen, warum alle die gleiche Sprache sprechen. Verkörpert werden die Enkel wie auch deren Eltern allerdings von Südafrikanern. Anders als mitunter bei den Pilcher-Filmen gibt es hier weder sichtbare noch dank der guten Synchronisation hörbare Unterschiede. Das ist auch gut so, denn gerade die beiden Jungs (Liam Bosman, Finn Kenny) sowie ihre Mutter (Jena Dover) spielen wichtige Rollen. Mit den Enkeln kommt Henni anfangs ungleich besser klar als mit dem Opa, und um Vater und Tochter miteinander ins Gespräch zu bringen, sind naturgemäß einige Dialoge nötig. Als Mutter, die selbst ein gespanntes Verhältnis zu ihrer Tochter hat, ist Henni Expertin auf diesem Gebiet.
Ironische Momente dieser Art gönnen sich Krause und Witte öfter. „Mission Südafrika“ ist zwar keine Komödie, aber die wenigen witzigen Szenen sind gut gelungen, besonders Konrads Hexenschuss, dem Henni mit einem äußerst ungewöhnlichen bayerischen Hausmittel zu Leibe rückt. Peeters gelingt dabei ein seltenes Kunststück: Einerseits weckt sein Spiel tiefes Mitgefühl, andererseits ist es ziemlich komisch, wenn sich der Alte, vor Schmerzen zu keiner Bewegung fähig, an eine Säule klammert. Schon die Einführung dieser Szene ist clever: Konrad findet, die Jungs vergeudeten ihre Zeit mit Computerspielen, und ist entsprechend sauer, als Henni ihnen den Zugang zum Internet ermöglicht. Witte inszeniert den lautstarken Streit aus Perspektive der Enkel, er findet nur auf der Tonspur statt und endet mit großem Geschepper. „Jetzt hat er sie umgebracht“, fürchtet einer der Jungs, dann folgt der Schnitt auf Konrad, dem der Schmerz ins Kreuz gefahren ist; der Lärm war ein Kollateralschaden.
Der Rest ist Natur pur, und angesichts von Konrads Arbeit gibt es einen plausiblen Grund für die verschiedenen Exkursionen. Als Henni anlässlich seines Geburtstags eine Überraschungsfeier arrangiert, was ihn prompt erzürnt, nötigt er die flugängstliche Frau zur Wiedergutmachung in sein Flugzeug. Es dauert eine Weile, bis sie sich endlich traut, ein Auge zu öffnen, aber dann ist sie prompt überwältigt von dem Anblick, der sich ihr bietet. Dass die Verantwortlichen dennoch mehr als bloß das übliche Fernwehfernsehen im Sinn hatten, zeigen nicht zuletzt die mehrfach erwähnten Verweise auf „Jenseits von Afrika“. Am Ende gibt’s einen kleinen Cliffhanger, als Henni daheim in München den ersten Schritt zur Versöhnung macht und bei ihrer Tochter klingelt. Es wäre ein witziger Abschluss und ein origineller Vorgriff auf den nächsten Teil, wenn eine bekannte Schauspielerin die Tür öffnen würde, aber soweit kommt es nicht. Immerhin steht bereits fest, dass die Reihe fortgesetzt wird.