Routinekontrolle eines PKW durch eine Polizeistreife. Es geht nur um ein kaputtes Rücklicht, doch der Fahrer (André M. Hennicke) beginnt den Uniformierten zu beschimpfen und dreht dann durch. Er erschießt den Polizisten, nimmt dessen junge Kollegin (Retzlaff) als Geisel und flieht im Streifenwagen. Wenig später positioniert er sich mit einem Scharfschützengewehr auf dem Dach des Rathauses. Als die Polizei den Wagen untersucht, schießt er wahllos auf Polizisten. Unter diesen sind auch Karl Hidde (Alexander Held) und Max Morolf (Wanja Mues). Sie überleben, ein Beamter stirbt. Nina Petersen (Katharina Wackernagel), die nach ihrer Schussverletzung langsam wieder in den Dienst zurückkommt, eilt hinzu, doch der Täter entkommt. Nina kommt die Zeugin Maren Fenske (Michaela Caspar) komisch vor, sie ist sich sicher, dass die mehr weiß als sie bisher gesagt hat. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit: Jagd auf den Täter, Suche nach der Geisel, intensive Befragung der Zeugin.
Der fünfte „Stralsund“-Krimi lieferte die Vorlage. Nach dem spektakulären Abgang von Wotan Wilke Möhring als Ermittler Benjamin Lietz in „Freier Fall“ Ende 2013, waren die Autoren Martin Eigler und Sven Poser, die bisher alle Folgen der Reihe geschrieben haben, besonders gefordert. In „Stralsund – Kreuzfeuer“ nehmen sie die Geschichte auf: Lietz sitzt im Gefängnis, Nina hat sich von ihrer Schussverletzung erholt und will zurück in den Polizeidienst, Max Morolf nimmt Lietz‘ Stelle im Ermittlerteam ein und eckt kräftig an. Sich die Option offen zu halten, dass Möhring als Lietz vielleicht doch noch einmal zurück kommen kann, wirkt aber arg bemüht. Zweimal will Nina ihn im Gefängnis besuchen, einmal kommt er nicht in den Besuchsraum, weil er in eine Schlägerei verwickelt war, beim zweiten Mal wurde er überraschend nach Bayern verlegt. Das ist nicht sonderlich originell. Und auch den Dialogen im Ermittlerteam fehlt es an Esprit. Da ist viel Routine im Spiel. Der Fall ist allerdings durchaus sehenswert, gradlinig erzählen Eigler & Poser, wie ein Mann keinen Ausweg mehr sieht, durch das, was ihm widerfahren ist, zum Tode geweiht ist, seinen Hass auf Uniformierte projiziert und dabei eine Bluttat nach der anderen begeht.
Der Zuschauer kennt den Täter, die Jagd nach ihm und die damit verbundene Suche nach der Geisel treibt die Spannung voran. Ein Polizeithriller ist dieser „Stralsund – Kreuzfeuer“, in dem – wie schon in den ersten Folgen – auch wieder eine Geiselnahme zur Story gehört. Eine ganze Menge leisten muss der Neue im Team: Max Morolf wurde ja in der fünften Folge bereits eingeführt – braucht seine Geschichte, die bekommt er, als er beim Schusswechsel vor dem Rathaus lieber in Deckung bleibt, als einem Kollegen zu helfen. Nina muss ihr Trauma, Schussverletzung, verlorenes Baby und ihr Partner Lietz im Knast, aufarbeiten. Und dann ist da ja noch eine neue Handschrift bei der Regie. Martin Eigler, der alle bisherigen Folgen in Szene gesetzt hat, ist nur noch Autor. Ein junger Regisseur darf sein Können beweisen und der zuletzt etwas zu sehr in Routine erstarrten Inszenierung mehr Frische geben. Lars-Gunnar Lotz, der mit seinem Langfilmdebüt „Schuld sind immer die anderen“ vollkommen zurecht für Aufsehen gesorgt, den Bernhard-Wicki-Preis in Emden gewonnen und eine Grimme-Preis-Nominierung eingeheimst hat, zudem zuletzt bei diversen „SOKO“-Folgen Krimi-Erfahrung sammelte, liefert eine gute Arbeit ab. Seine Mischung aus actionbetonten und psychologischen Szenen ist klug und tempomäßig fein ausbalanciert. Mit einem fahrenden Auto, verfolgt von einer fliegenden Kamera, beginnt der Film (Kamera: Jan Prahl), und mit diesem Bild endet er auch; dazwischen liegen knapp 90 spannende Minuten.
Ein gutes Händchen hat man in der Besetzungsfrage bewiesen. André M. Hennicke ist ein Spezialist für wortkarge Menschen im Grenzbereich, am Abgrund, in aussichtsloser Lage. Sein Klaus Ewert trägt durch diesen Film. Die Charaktere um ihn herum bleiben da leider deutlich zurück, zu stark dominiert die Figur dieses Mörders aus Rache, Verzweiflung und Ausweglosigkeit. Ein starker Auftritt von Hennicke, der allein das Anschauen lohnt.