Erneut erweist es sich als Glücksfall, dass das ZDF dem renommierten Kameramann Ngo The Chau vor einigen Jahren mit „Schneewittchen und der Zauber der Zwerge“ die erste Regiearbeit ermöglicht hat. Seine vierte Weihnachtsperle, „Das Märchen vom Frosch und der goldenen Kugel“, ist ein über weite Strecken mitreißend und modern inszeniertes optisches Spektakel, das die Romanze zwischen dem hier bloß vermeintlichen Königssohn und der schönen Prinzessin auf völlig neue Weise erzählt: aus der Perspektive des Froschs. Die Besetzung der beiden männlichen Hauptrollen ist mutig und unkonventionell, aber erstklassig, die visuellen Effekte & die Musik sind kinotauglich; ein Genuss für ein Publikum jeden Alters, das sich kindliche Freude an solchen Geschichten bewahrt hat.
Der fünfzigste Film im Rahmen der ARD-Reihe „Sechs auf einen Streich“ erzählt das Abenteuer seiner Heldin als klassische Heldinnenreise: Seit ein Lumpensammler einst einen goldenen Taler gestohlen hat, ist dem Dorf Überall jegliche Lebensfreude abhanden gekommen. Also macht sich Anna Barbara eines Tages auf den Weg, um die Münze zurückzuholen. Der verschlagene Unhold lässt sich zwar auf einen Handel ein und nimmt sie mit in seine Höhle, will sie aber natürlich übers Ohr hauen. Die Geschichte klingt nach einem handelsüblichen Märchenstoff, doch Regisseur Cüneyt Kaya hat daraus ein optisches Ereignis gemacht. Neben den sehenswerten darstellerischen Leistungen lebt „Das Märchen vom goldenen Taler“ (RBB/NFP neue film produktion) vor allem von der preiswürdigen Bildgestaltung: Kameramann Ralf Noack hat die Unterwelt in höllisches Licht getaucht.
Mit der Vorlage hat „Das Märchen von den 12 Monaten“ (RB, MDR, RBB / Bremedia) praktisch nur noch die zwölf Monate gemeinsam. Anette Schönberger (Buch) und Frauke Thielecke (Regie) erzählen eine Geschichte vom klassischen Kampf Gut gegen Böse: Der Frostige Fürst hat sich mit dem Monat Februar verbündet, auf dass es für immer Winter bleibe. Die Hoffnung der anderen elf Monate ruht nun auf einem jungen Paar, das vier Zutaten für einen Zaubertrank finden muss, damit die Königin die Jahresuhr auf den März umstellen kann. Die aufwändige Ausstattung, die kunterbunte Kostümierung, das große Ensemble, die komplexe Handlung und die ziemlich spannende Umsetzung lassen den Film deutlich aus „Sechs auf einen Streich“, der ARD-Märchenreihe zur Weihnachtszeit, herausragen.
Königstochter Clara, der ständig Missgeschicke unterlaufen, ist das Schloss-Gespött. Als sie in einem zufällig gefundenen Märchenbuch liest, wie lauter unscheinbare Mädchen zu Heldinnen werden, hat sie eine Idee: Doch keiner der Frösche, die sie küsst, entpuppt sich als Prinz, und der Wolf, der sie fressen soll, will lieber kuscheln… Märchenfilme, die die ganze Familie erreichen wollen, benötigen Ironie, um auch Erwachsenen einen Mehrwert zu bieten. In „Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte“ gilt die Ironie gilt gleich mehreren Märchen. Gutes Tempo, Slapstick-reich, erfrischend!
Alle ARD-Märchen haben eine Botschaft, aber die Lehren sind meist moralischer Natur; Kritiken an gesellschaftlichen Missständen sind rare Ausnahmen. Deshalb fällt „Das Märchen von der Regentrude“ (NDR/Zieglerfilm) so offenkundig aus dem Rahmen, denn schon Theodor Storms Geschichte ist von verblüffender Aktualität: Das Land wird von einer schlimmen Dürre geplagt; letzte Hoffnung ist die Regentrude, die von einer Jungfrau geweckt werden muss. Das Drehbuch bleibt Storm weitgehend treu, und wenn es doch mal von der Vorlage abweicht, dann im Guten. Ein kurzweiliger, hochkarätig besetzter Film für die ganze Familie, der sich wieder einmal durch eine kluge und mutige Heldin auszeichnet.
Schon allein die Idee, Schneewittchen, Rotkäppchen und Rumpelstilzchen in einer Geschichte zu vereinen, ist das Einschalten wert: Die Märchenwelt ist in großer Gefahr. Ihr Schicksal und das der bekannten Figuren liegt in der Hand zweier Bäckerkinder, die sich zum Rad der Zeit durchschlagen müssen. Die Inszenierung hätte etwas mehr Tempo vertragen können, die visuellen Effekte etwas mehr Budget, und der Unhold der Geschichte erinnert an Samson aus der „Sesamstraße“, aber Detlev Buck und Christina Große als Teufel und Hexe lassen das „Märchen von der silbernen Brücke“ (RBB / NFP) stellenweise zu einer wunderbaren romantischen Komödie werden.
Womöglich hätte Wolfgang Amadeus Mozart ja durchaus seine Freude an dieser Adaption seiner Oper, selbst wenn sich Marvin Litwak (Buch und Regie) einige Freiheiten erlaubt hat. Immerhin bleibt der Märchenfilm den Grundzügen der „Zauberflöte“ (ARD / Fynal) treu: Zwei stattliche junge Männer wollen im Auftrag einer Königin die Prinzessin aus der Hand eines Schurken befreien, müssen aber feststellen, dass sie reingelegt worden sind; Litwak hat aus den beiden Helden allerdings Trickbetrüger gemacht. Es gibt ein paar hübsche visuelle Effekte, der Cast ist zwar recht namhaft (Schwarz, Kessler, Kobus) aber die gelegentlich unfreiwillig komischen Darbietungen erinnern mitunter an ambitioniertes Amateurtheater.
Es ist schon seltsam, dass das ZDF sein Sommerprogramm mit vielen Wiederholungen gestaltet, gleichzeitig aber die Filme der Reihe „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“ erst um Mitternacht ausstrahlt. Dabei wäre ein Drama wie „Das Menschenmögliche“ (die film GmbH) ein probater „Fernsehfilm der Woche“, zumal die Kinokoproduktion ohnehin wie ein TV-Film aussieht. Eva Wolf (Buch und Regie) erzählt in ihrem Fiction-Debüt von der jungen Ärztin Judith (Alissa Jung), die einen fatalen Fehler mit tödlichen Folgen begeht. Ihre Vorgesetzten wollen die Sache vertuschen, doch das kann Judith nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Die Handlung ist brisant und setzt sich fundiert mit der eklatanten Überforderung von Ärzten und Pflegepersonal auseinander, ist aber unnötig überfrachtet, weil auch noch Judiths Privatleben zerbricht. Die Notarzteinsätze hätte Wolf zudem deutlich packender inszenieren können. Thema und Hauptdarstellerin sind allerdings sehenswert.
Kunterbunt, turbulent, witzig und auch optisch originell: „Das Pubertier” ist für ZDF-Verhältnisse ganz schön rasant. Dass zwei Monate zuvor ein Kinofilm gleichen Titels gestartet ist, sollte für die Serie kein Problem sein. Beide Produktionen basieren auf dem Bestseller von Jan Weiler, beide Male geht es um einen rebellischen Teenager und zunehmend verzweifelnde Eltern, aber Darsteller und Umsetzung sind völlig unterschiedlich. Zuschauer ohne Kinder dürften „Das Pubertier“ witzig, aber völlig übertrieben empfinden. Für Eltern hingegen, ganz gleich, ob mit Söhnen oder Töchtern gesegnet, hat die Serie fast dokumentarische Züge.
In der siebten Episode der Krimireihe „Das Quartett“ (ZDF / Akzente Film- und Fernsehproduktion) führen die Ermittlungen des Teams aus Leipzig in eine sektenähnliche Gemeinschaft. Der Anführer will den Menschen helfen, sich ihren Dämonen zu stellen; nach der Ermordung einer seiner Schutzbefohlenen stellt sich prompt die Frage, ob er womöglich ebenfalls ein Dämon ist. Da die Geschichte nicht weiter aufregend und die Umsetzung nicht sonderlich spannend ist, bleibt umso mehr Muße, die vortreffliche Bildgestaltung von Bjorn Haneld zu würdigen. Regie führte Elmar Fischer, dessen Filme normalerweise stets sehenswert sind; an die Qualität seiner letzten Arbeiten reicht „Das Schweigen“ jedoch nicht heran. Emma Floßmann als Schwester des Mordopfers ist allerdings sehenswert.
In der dritten „Quartett“-Episode aus Leipzig, „Die Tote vom Balkon“ (ZDF / Akzente), suchen die Team-Mitglieder nach dem Mörder einer Doktorandin, die offenbar nach einem Kampf von ihrem Balkon gestürzt ist. Was zunächst wie ein typischer Beziehungskrimi wirkt, entwickelt sich zu einer zunehmend komplexen Geschichte, in der es schließlich um Milliarden geht. Die Handlung ist durchaus interessant. Schwächen hat der Film dagegen bei der Umsetzung, was angesichts der Erfahrung von Grimme-Preisträgerin Vivian Naefe umso mehr überrascht: Viele Momente wirken überinszeniert und wie Fernsehen für Begriffsstutzige; andere sind dafür umso besser gelungen. Immerhin sind die Team-Mitglieder – insbesondere Blendls Figur – nicht mehr so überzeichnet wie in den ersten Episoden.
Auch mit dem vierten Film, „Dunkle Helden“, bleibt die Reihe „Das Quartett“ (ZDF / Akzente) unter ihren Möglichkeiten sowie unter dem Durchschnitt der sonstigen Samstagskrimis im „Zweiten“. Die Figuren sind nach wie vor unnötig zugespitzt, die Dialoge werden nicht immer glaubwürdig vorgetragen. Episodenstar ist diesmal Thomas Thieme, dessen Präsenz die darstellerischen Mängel einiger Mitwirkender besonders deutlich werden lässt. Immerhin ist die Geschichte interessant: Nach der Ermordung einer Frau führt die Spur zur Familie eines Mannes, der 1989 in Leipzig einer der führenden Köpfe der friedlichen Revolution war. Teamchefin Riem bewundert Walter Kemper noch heute, weshalb sie sich dagegen sträubt, das Idol ihrer Jugend vom Sockel zu stürzen. Die Lösung des Falls ist allerdings wenig originell; versierte Krimifans haben sich die Antworten bis dahin längst zusammengereimt.
Der sechste Krimi aus der ZDF-Reihe „Das Quartett“, „Mörderischer Pakt“ (Akzente), erzählt zwar eine interessante Geschichte, ist aber personell nach wie vor nicht rundum überzeugend: Die Viererkette um Abwehrchefin Maike Riem (Anja Kling) wirkt immer noch nicht eingespielt, selbst wenn sich die Teammitglieder diesmal ständig in den Arm nehmen. Hinzu kommen sichtbare handwerkliche Mängel, die bei einem erfahrenen Regisseur wie Christian Theede, dessen Arbeiten in der Regel sehenswert sind, überraschen. Erkennbar ist andererseits der löbliche Vorsatz, keinen Krimi von der Stange erzählen zu wollen, selbst wenn die entsprechenden Ansätze nicht ausnahmslos plausibel umgesetzt worden sind.
Das Beste an diesem achten Krimi aus der Reihe „Das Quartett“ (ZDF / Akzente) ist die Verpackung: Die Musik erinnert an Edgar-Wallace-Filme, der Vorspann sieht nach Siebziegerjahre aus. Der Film spielt zwar mit persiflierenden Elementen, ist jedoch keine Parodie, weshalb einige mutmaßlich komisch gemeinte, mitunter allerdings etwas peinlich wirkenden Darbietungen heftig aus dem Rahmen fallen. Ansonsten bewegt sich das Handwerk auf hohem Niveau, gerade die Bildgestaltung ist sehenswert. Interessant ist auch die Geschichte: Als im Rahmen eines „Live Escape Games“ ein Mann ermordet wird, muss sich das Team rund um Maike Riem (Anja Kling) auf das Spiel einlassen, um den Fall zu klären.
Nach der Ermordung eines Paketlieferanten nutzt der fünfte Film aus der ZDF-Reihe „Das Quartett“ (Akzente Film- & Fernsehproduktion) mit Anja Kling zunächst den reizvollen Schauplatz des perfekt überwachten Logistik-Zentrums eines Online-Riesen, um sich dann überraschend einem ganz anderen Thema zuzuwenden. Das Drehbuch sorgt ohnehin für einige völlig unerwartete Wendungen. Eine weitere Qualität von „Tödliche Lieferung“ liegt in der Umsetzung durch Regisseur Christian Theede. Die Kamera ist passend zur temporeichen elektronischen Musik auffällig agil, Farbgebung und Lichtsetzung lassen die Optik hochwertig wirken. Obwohl nach wie vor die allzu kurze Zündschnur des von Annika Blendl verkörperten Teammitglieds irritiert, befindet sich die Krimi-Reihe deutlich im Aufschwung.
Wenn ein Rap ein Gedicht ist, ist ein Gedicht auch ein Rap. Denkt man das zu Ende, ist es nicht mehr weit zu „Cyrano de Bergerac“. Trotzdem ist die Idee recht kühn, ein klassisches Versdrama als modernes Rap-Musical zu erzählen. Die Umsetzung ist gerade auch wegen der um prominente Namen wie Heike Makatsch und Anke Engelke ergänzten famosen jungen Hauptdarstellerriege ein mitreißender Film, in dem sich dank der guten Dialoge – anders als bei der „Fack ju Göhte“-Trilogie – niemand unter seinem Niveau amüsieren muss. Interessante Schauplätze und originelle Bucheinfälle wie etwa eine witzig choreografierte Tanzeinlage im Museum sorgen zudem für Abwechslung. Die schwungvolle Musik ist ohnehin klasse.
Ein nicht gerade schlanker älterer Herr als junger David Bowie: Das klingt nach Klamotte. Zum Glück kriegt Peter Meister (Buch und Regie) immer wieder rechtzeitig die Kurve. Das hat er nicht zuletzt seinem Hauptdarsteller zu verdanken: Selbst in den entwürdigendsten Momenten gelingt es Bernhard Schütz, seiner Rolle einen Rest an Haltung zu bewahren. Die Geschichte ist ohnehin ein großes Vergnügen: Zwei Ganoven (Jacob Matschenz spielt den Komplizen) haben das titelgebende Gemälde „Das schwarze Quadrat“ (ZDF, Arte/Frisbee) geklaut, fliehen per Kreuzfahrtschiff und werden unversehens Teil des Unterhaltungs-Programms. Witzige Dialoge, absurde Ideen, eine ausgezeichnete Ensemble-Leistung, dazu eine große Musik und eine vorzügliche Kameraarbeit: was für ein Langfilmdebüt!
Ein Kinderbuchautor, gespielt von Oliver Korittke, klärt einen Mord auf, der 35 Jahre zurückliegt. „Das siebte Foto“ von Jörg Lühdorff knüpft an die kleine Politthriller-Tradition von ProSieben an, die mit diesem spannenden, vielfach bemerkenswerten Film leider abriss. So sticht die Arbeit von Kameramann Mathias Neumann besonders heraus, da sie nicht nur optisch höchst reizvoll ist, sondern auch wesentliche Sinnzusammenhänge herstellt.
„Das Tal der Mörder“ (ZDF/Neue Bioskop) orientiert sich auf den ersten Blick am Schema des Heimatkrimidramas: Junge Großstädterin kommt aufs Land, um Licht ins Dunkel der Familiengeschichte zu bringen. In diesem Fall kommt als interessante Variante hinzu, dass sich die Heldin in den mutmaßlichen Mörder ihres Vaters verliebt; selbst wenn das Drehbuch geschickt offen lässt, ob die Liebelei nicht doch bloß Teil ihres Racheplans ist. Sehenswert ist der im Salzburger Land entstandene Film vor allem wegen Anna Unterberger und Fritz Karl, die ihre Rollen sehr differenziert verkörpern. Der Österreicher Peter Keglevic kennt sich in dem Genre mittlerweile gut aus: Er hat fürs ZDF auch die dank der eindrucksvollen Bild-Gestaltung von Emre Erkmen atmosphärisch ähnlich konzipierte „Dorf“-Reihe gedreht.
Aus dem Ländle kopfüber in die böse Großstadt – da geht so gut wie alles schief. Ariane Zeller inszenierte die turbulente Drehbuchvorlage von Christof Ritter als muntere Aneinanderreihung kleinerer Katastrophen, die jede für sich genommen halbwegs harmlos wären, aber regelmäßig zu neuem Ungemacht führen. Und weil Schüttauf überzeugend den hyperkorrekten Vater gibt, der zu Regelverstößen gezwungen und prompt jedes Mal dafür bestraft wird, ist aus “Das total verrückte Wochenende” ein großer Spaß geworden!