Ein Mord wie aus dem Nichts, drei Einzelhändler, die um ihre Zukunft bangen, eine alte Schuld, dazu noch eine virale Revolution: Dass es Regisseur Dominic Müller gelingt, mit diesen verschiedenen Ebenen zu jonglieren, ohne seinen 12. „Wilsberg“-Beitrag je sprunghaft wirken zu lassen, ist beeindruckend. Der 72. Film der Reihe, „Aus heiterem Himmel“ (ZDF / Warner Bros.), stammt aus der Feder von Mario Sixtus, der mit Müller bereits bei der ähnlich sehenswerten Episode „Ins Gesicht geschrieben“ zusammengearbeitet hat. Wie das Duo die verschiedenen Handlungsstränge plausibel miteinander verknüpft, zeugt von großer Kunstfertigkeit, zumal anfangs eingestreute Nebensächlichkeiten unversehens entscheidende Bedeutung bekommen. Klasse Dialoge, und das Ensemble macht Spaß.
Dreifaches Jubiläum für „Wilsberg“: zum 25. Mal ermittelt der Münsteraner Antiquar; Leonard Lansink spielt ihn seit 10 Jahren; sein Held muss zum Klassentreffen. 30 Jahre – aber die Hackordnung funktioniert noch wie damals. Und der Versager von einst liegt bald tot im Pool… Auch so kann ein Whodunit-Krimi sein: verspielt, gewitzt, pointengesättigt, dialogstark und voller schlüpfriger Doppeldeutigkeiten, dicht, boulevardesk und mit zarter Melancholie durchsetzt. Ein Highlight der ZDF-Reihe mit „heißen“ Infos aus der Wilsberg-Jugend.
In der vorzüglichen 74. Episode aus der Klassikerreihe „Wilsberg“ (ZDF / Warner Bros.) geht es wieder mal um fragwürdige Ermittlungsmethoden im digitalen Zeitalter: Overbeck will ungelöste Fälle klären, indem er das am Tatort gefundene genetische Material mit der Datenbank eines Instituts zur Ahnenforschung abgleichen lässt. Auf diese Weise stellt sich heraus, dass Wilsberg-Kumpel Ekki einen Halbbruder hat; und der ist dank des DNS-Beweises so gut wie als Mörder überführt. „Gene lügen nicht“ bringt alles mit, was einen guten „Wilsberg“-Krimi ausmacht: eine Geschichte, die zunehmend komplexer wird, ein Wiedersehen mit Figuren aus früheren Filmen, ein großes, durch viele junge Gesichter ergänztes Ensemble, wunderbare Dialoge und viele kleine Überraschungen.
Statt für das alljährliche Weihnachtsfernsehspiel hat sich das ZDF 2009 für ein „Wilsberg“-Special entschieden. Die Idee ist gut, die Ausführung noch besser. Münster ist klein und der Mikrokosmos dieser rasanten Krimikomödie überschaubar. Es gibt keinen Mord – dafür einen Weihnachtsbaum. Temporeich, dicht, lustig. Ein echtes Schmankerl!
Mit der 71. „Wilsberg”-Episode „Überwachen und belohnen“ (ZDF / Warner Bros.) gelingt Drehbuchautor David Ungureit das Kunststück, Michel Foucaults Erkenntnisse vom Panoptikum der Macht in eine hochaktuelle Krimi-Story zu übertragen. In der von Dominic Müller gleichermaßen fesselnd wie heiter umgesetzten Geschichte geht es um eine vermeintlich gemeinnützige Organisation, die im Zusammenspiel mit Politik und Behörden soziales Verhalten belohnt, in Wirklichkeit aber eine allumfassende Überwachung einführt. Neben den Dialogen und den perfekt miteinander verflochtenen Handlungssträngen erfreut der Film durch viele witzige Einfälle am Rande und die treffende Besetzung der Gastrollen.
Wie schon die vorletzte Episode, „Einer von uns”, ist auch der 75. Film aus der Dauerbrennerreihe „Wilsberg“ ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie sich aus der Pandemie-Not eine Tugend machen lässt. Fast wie auf einer Bühne versammelt „Ungebetene Gäste“ (ZDF / Warner Bros.) die Mitwirkenden in einem Wasserschloss. Auslöser der Handlung ist die vermutete Rache eines Verbrechers. Die Geschichte besticht durch ständige Wendungen, weil einige der Beteiligten unerwartet die Seiten wechseln, und das zum Teil sogar mehrfach. Die Dialoge sind das reinste Vergnügen, die Slapstick-Einlagen lauthals komisch. Es gibt zwar eine deutliche Männermehrheit, aber dafür sind die Frauen umso aufregender.
Wie man den “geliebten” Ehepartner los wird – das war schon immer ein beliebtes Krimi-Sujet. In “Zweikampf” ist es ganz einfach. Ein leichtes Rütteln an der Leiter – und schon sieht das Leben des Helden ganz anders aus. In dem Fernsehfilm von Gert Steinheimer ist es weniger der perfekte Mord als vielmehr der perfekte Mörder: ein unbescholtener Rentner. Eine wunderbar altmodische, schwarzhumorige, gut gespielte Kriminalkömodie.
Schon 1997 kam bei „Das blonde Gift“ mit Esther Schweins als Gast-Schauspielerin Wehmut auf. Der 90-Minüter war die 14. und letzte Episode der Kultkrimi-Reihe „Alles außer Mord“, mit der Pro Sieben zumindest ein kleines bisschen Fernsehgeschichte schrieb. Rituelles Ermittlungschaos, ein spielfreudiges Duo (Dieter Landuris und Stefan Reck) und der überragend stimmungsvolle Titelsong von Klaus Doldinger. Atmosphäre vor Spannung!
Wenn die Geschichte so absurd ist und die dramaturgischen Stellschrauben so deutlich überdreht werden wie in Sigi Rothemunds „Marion Nr. 5“, dann ist die Krimikultreihe „Alles außer Mord“ ganz bei sich. Story, Handlungslogik und Spannung gehörten dagegen nicht unbedingt zu den Markenzeichen dieser ersten Krimi-Reihe eines Privatsenders. Die Reihe lebt durch ihre Wiedererkennungseffekte. Und die gibt es im sechsten Krimi von Michael Baier (Buch) reichlich. Nur eine attraktive Frau fehlt. Also verliebt sich Fichte in eine Puppe!
„Tödlicher Irrtum“ von Nikolai Müllerschön ist eine typische Episode aus der Kultkrimi-Reihe „Alles außer Mord“ mit Dieter Landuris als Privatdetektiv Uli Fichte & Stefan Reck als Psychoanalytiker Frieder Tamm. Dramaturgisch ist das alles locker gesponnen, sprunghaft wie die Hauptfigur und spannungstechnisch nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Aber die Atmosphäre (& Doldingers Score) sind unschlagbar. Melancholie beim Wiedersehen!
Ein wertvolles Gemälde wird gestohlen, was dem notorisch klammen Kunstdetektiv Johann Friedrich von Allmen einen neuen Auftrag und die Bekanntschaft mit einer attraktiven Psychologin einbringt. Auch „Allmen und das Geheimnis der Dahlien“ (Degeto / Ufa Fiction), der dritte Film in der Reihe nach den Romanen von Martin Suter, verbindet elegante Kulissen, Hedonismus und den Charme alter Detektivgeschichten. Geerdet wird der äußerliche Schick nach wie vor durch das symbiotische Männer-Bündnis zwischen Allmen (Heino Ferch) und seinem Butler Carlos (Samuel Finzi). Die Handlung ist verwickelt, das Episoden-Ensemble erlesen (Katharina Schüttler, Erni Mangold, Udo Samel, Mehdi Nebbou, Florian Stetter), das Ambiente erstklassig – süffiges Unterhaltungsfernsehen mit einem aus der Zeit gefallenen Titelhelden, das noch etwas schwungvoller & weniger voll gequatscht hätte sein dürfen.
Johann Friedrich von Allmen hat schon bessere Tage gesehen. Mit seinem großspurigen Lebensstil dürfte es bald für ihn und seinen loyalen Diener und Freund vorbei sein. Immerhin hat er schon mal die Fühler zu einer sehr guten Partie ausgestreckt und ein Kunstraubobjekt könnte ihn fürs erste und eine verwegene Geschäftsidee längerfristig retten… „Allmen und das Geheimnis der Libelle“ spielt heute, doch die Anmutung der dargestellten Welt und der Umgangston, den die Hauptfiguren pflegen, verweisen auf einen Lebensstil vergangener Tage. Dieser Auftakt zu einer neuen Reihe ist vielversprechend, aber nicht völlig gelungen. Der Film ist (gewollt) elegant, launig, ironisch, geistreich und schön anzuschauen, ist aber auch etwas langatmig und etwas zu „literarisch“. Mehr Blake Edwards, weniger Suter wäre schön!
Der Schweizer Detektiv Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) jagt im fünften Film der ARD-Reihe nach den Romanen von Martin Suter ausnahmsweise keine Diebe, die Kunstwerke, sondern einen wertvollen Fisch gestohlen haben: „Allmen und das Geheimnis des Koi“ (ARD Degeto / Ufa Fiction) unterhält erneut mit der besonderen, ebenso überkandidelten wie altmodischen Mischung aus Genuss und Geist, Humor und Spannung. Letztere stellt sich nur in Maßen ein, dafür ist der auf Teneriffa im März gedrehte Film ein perfekt zur sommerlichen Urlaubsstimmung passendes Vergnügen. Neben Allmens Butler und Freund Carlos (Samuel Finzi) darf auch seine Geliebte Jojo Hirth (Andrea Osvárt) eine aktivere Rolle im Detektivspiel übernehmen. Vielleicht weil mit Nachwuchstalent Sinje Köhler („Viva forever“) erstmals eine Frau in der Reihe Regie führte.
Das Tempo des ersten „Bamberg-Krimis“ (RTL / Redseven) orientiert sich am Erscheinungsbild seiner Hauptfigur, aber der Schein trügt ebenso wie der kauzige Habitus des Titelhelden: „Behringer und die Toten“ hat durchaus einige Action-Einlagen zu bieten. Die Suche nach dem titelgebenden „Feuerteufel“ ist ebenfalls vielschichtiger, als sie zunächst wirkt. Trotzdem lebt der Film vom Titelhelden, dem Antoine Monot auch dank einiger Manierismen eine gewisse „Monk“-Haftigkeit verleiht. Nicht minder sehenswert ist Cosima Henman als energische junge Mitarbeiterin. Abgerundet wird das Kern-Ensemble durch Jessica Ginkel als Schwester des Kommissars sowie Wanda Perdelwitz als Ex-Kollegin.
Fünf Mitarbeiter eines Logistikunternehmens geraten doppelt in eine existenzbedrohliche Lage: einer soll gefeuert werden und tags darauf stehen alle Fünf unter Mordverdacht. „Der Chef ist tot“ entpuppt sich als TV-Schnurre zwischen Krimi- und Arbeitsplatzkomödie, in der die Figuren in ein Katz-und-Maus-Spiel gezwungen werden. Grimme-Preisträger Stefan Rogall hat das Ganze raffiniert ausgetüftelt und Regisseur Markus Sehr passend karg und vor allem zweckmäßig in Szene gesetzt. Die Figuren, das ständige Wechselspiel ihrer Koalitionen, die Schauspieler & die Dialoge stehen im Zentrum eines komödiantisch überhöhten Whodunit der besonderen Art. Der Zuschauer mischt sich unter die Verdächtigen. Das macht Laune.
„Freddy Mercury ist tot? Der war schwul?“, wundert sich Mick Brisgau und kann es nicht fassen. Der Polizist lag 20 Jahre im Koma. Die Welt ist seltsam und ungerecht sowieso. Wer weiß das besser als er: 20 verlorene Jahre! Frei nach der britischen Top-Serie „Life On Mars“ stapft er ziemlich selbstzufrieden durch die ersten Folgen, aber seine Trauer wird er nicht los. Besser gut geklaut als schlecht neu erfunden. Baums Bulle hat das Zeug zum Kult.
Ein kleiner Klaps hat noch keiner geschadet. Oder? Mick Brisgau ist sich da nicht mehr ganz so sicher. Der letzte Bulle würde schon gerne der letzte (authentische) Bulle bleiben, doch vor allem der Tochter zuliebe verschließt der Essener Polizist sich dem Heute nicht völlig. Die Figur hat wenig Entwicklungspotenzial. Sat 1 macht das Beste draus. Die Serie sollte nicht zum Retter der deutschen TV-Unterhaltung hoch gejazzt werden, aber sie ist und bleibt gutes Gebrauchsfernsehen und sie ist ein gelungener Versuch in Sachen Populärkultur.
Mick Brisgau will für „seine“ Tanja mitdenken, doch die denkt gar nicht daran, sich bevormunden zu lassen. Auch im Privatleben der lieben Kollegen tut sich was und auf dem Revier ist Stühlerücken angesagt. Und stellt sich „Der letzte Bulle“ auch zunehmend besser auf das Jahr 2012 ein, wird sein emotionales Verhalten vielschichtiger und scheint er mit den flapsigen Sprüchen vorsichtiger zu sein (oder ist den Autoren weniger eingefallen?), so ist er auch in Staffel 3 ein tougher Typ, der mit dem Bauch denkt und mit den Fäusten spricht. Und Henning Baum verschmilzt mit der Figur zur perfekten deutschen Serien-Schöpfung.
Mick Brisgau hat seine Dienstmarke abgegeben. Der Naturbursche hat er sich in die Wälder zurückgezogen… Die Fans müssen keine Angst haben, dass „Der letzte Bulle“ als Rambo endet. Am Ende der 1. Folge von Staffel 4 ist Henning Baum wieder startklar: rein in die Jeans, die Stiefel, Lederjacke drüber, Sonnenbrille auf die Nase, Kippe in den Mundwinkel! Hoher Spaßfaktor, aber auch der Schuss ins Koma des Helden wird thematisiert. Mick packt eine Verschwörungstheorie aus. Neu im Team: Franziska Weisz als Controllerin.
Dritter Einsatz für Lisa Taubenbaum, die Ex-Berlinerin auf der Schwäbischen Alb, die sich auch in „Zweieinhalb Tote“ (die film gmbh) nicht von der kleinbürgerlichen Gemeinschaft ihres Herkunftsortes einschüchtern lässt. „Die Bestatterin“ hört auf ihr Herz, ohne dass es auch nur einen einzigen rührseligen Moment im Film gibt. Zu den Stärken dieser Episode der etwas anderen ARD-„Donnerstagskrimi“-Reihe gehört nämlich, dass sie trotz der Krimi-Rätsel-Struktur und des Sozialstudien-Charakters in ihrer Erzählhaltung Komödie bleibt. Keine, die sich in Pointen ergeht, sondern eine, die die Mentalität ihrer Charaktere augenzwinkernd überhöht und für die der Eigensinn der Figuren wichtiger ist als der Krimiplot. Anna Fischer verkörpert die in ihrer Beziehung selbstbewusster auftretende Lisa auf ihre unnachahmliche, erfrischende Weise. Weil sich zwischenzeitlich in der Krimihandlung wenig bewegt, bleibt Zeit, den Charakteren aufs Maul zu schauen und die schwäbische Lebensart leicht pointiert und im „Nur-net-hudle“-Modus ins Bild zu rücken. Erfreulich auch, dass viel Schwäbisch g’schwätzt wird. Und dass Anna Fischer berlinert, sogar das macht Sinn!