In zwei weiteren Fällen bewährt sich das amüsante Zusammenspiel der ehemaligen DDR-Spionin Anne Marie Fuchs (Lina Wendel) und ihres Düsseldorfer Co-Detektivs Youssef el Kilali (Karim Cherif). Die Reihe lebt von ihren sympathischen, wandlungsfähigen Figuren, entwickelt sich aber immer stärker hin zu einer vorwiegend leichten Krimi-Komödie mit mäßig spannenden Fällen. Deutsch-deutsche Vergangenheit und das Thema allgegenwärtiger Überwachung treten als eigenständige, ernsthafte Motive zurück und haben, so scheint es, nur noch die Funktion, die Krimi-Handlung voranzutreiben. Erkennbar ist das Bemühen, der Vielfalt der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Youusefs Frau Simone und der inhaftierte Sohn von Anne Marie Fuchs bleiben aber recht eindimensionale Figuren. Da wäre mehr drin.
Alle unterschätzen Dretzke und Docker. Und deshalb stehen sie am Ende wieder mal als die Retter da, die beiden Kölner Polizisten, die nicht cool sein können und sich ihre Fälle immer so sehr zu Herzen nehmen – und sich dabei auch nicht selten so richtig unglücklich verlieben. In “1000 und eine Nacht”, dem dritten und letzten Abenteuer der losen Reihe “Musterknaben”, muss der Dicke einen höchst gefährdeten indischen Maharadscha doubeln. Handlung und Fall spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Möchtegern-Cops sind eindeutig die Stars und Tarrach & Korittke bedanken sich auf ihre Weise für die Wertschätzung ihrer Figuren.
Im zehnten Krimi aus der ZDF/ORF-Reihe „Die Toten von Salzburg“ (Satel Film) mit Michael Fitz und Fanny Krausz führt ein tödliches Betthupferl das deutsch-österreichische Duo mitten hinein in anrüchige politische Machenschaften. Das Drehbuch stammt von „Amsterdam-Krimi“-Autor Peter Koller, der hier im Unterschied zu den ARD-Thrillern viel auf Wortwitz und mitunter gar auf Slapstick setzt. Neben der interessanten Geschichte, der ausgezeichneten Bildgestaltung, der guten Musik und der sehenswerten Inszenierung durch Reihenregisseur Erhard Riedlsperger profitiert „Süßes Gift“ von Rahmenbedingungen, die keiner der Beteiligten zu verantworten hat. Die Feststellung soll Florian Teichtmeisters Leistung in den ersten acht Filmen nicht schmälern, aber dass Fanny Krausz nach der Demission des Kollegen in die erste Linie gerückt ist, tut der Reihe sichtbar gut.
Die Krimireihe „Die Toten von Salzburg“ (Satel) mausert sich mehr und mehr zum ZDF/ORF-Pendant des „Tatort“ aus Münster, und das nicht nur wegen der beiden Protagonisten, die einander in inniger Abneigung zugetan sind. Florian Teichtmeister und Michael Fitz erweisen sich auch im siebten Film, „Treibgut“, als Duo, das sich perfekt ergänzt. Ein Qualitätsmerkmal der Bücher ist das besondere Augenmerk auf die Nebenfiguren, die mehr als bloß Stichwortgeber sind und sich anders als im „Tatort“ zudem weiterentwickeln dürfen. Kleine Abzüge gibt es in der B-Wertung: Besetzung und Figurenzeichnung lassen früh ahnen, wer in den Tod einer chinesischstämmigen Fremdenführerin, die tot aus der Salzach geborgen wird, verwickelt ist. Bildgestaltung und Musik sind allerdings vorzüglich, und die Zusatzinfos über die Schattenseiten des Tourismus böten auch Stoff für eine packende Reportage.
Noch so ein Sohn Mannheims! Adam Bousdoukos ist „Dimitrios Schulze“, ein rappender Anwalt, der sich in bester „Liebling Kreuzberg“-Manier für die Kleinen einsetzt und für Gerechtigkeit sorgt. Zudem liefert er sich mit dem superkorrekten Revierpolizisten Cakmak eine Dauerfehde. Das Buch stammt vom Juristen und versierten Autor Fred Breinersdorfer („Anwalt Abel“), Cüneyt Kaya führt Regie in dieser Krimikomödie, aus der man im Ersten bei guter Publikumsresonanz eine Serie machen will. Könnte klappen, auch wenn echt Skurriles beim Pilotfilm noch ein wenig dünn gesät ist und manches nur bemüht witzig ist.
Als Sat 1 im Frühjahr 2015 „Einstein“ gezeigt hat, hieß es bei tittelbach.tv, der Stoff bringe alles mit, was eine gute Serie brauche: „zwei sehenswerte Hauptdarsteller, viele originelle Ideen, eine flotte Inszenierung und großes Potenzial für weitere Geschichten.“ Der Auftritt des genialen, unheilbar kranken Wissenschaftlers, der an einer Lösung aller Energieprobleme arbeitet und unfreiwillig zum Polizeiberater wird, war jedoch nicht als Pilotfilm konzipiert; dabei sprach alles für eine Fortsetzung. Nun ist sie da, und im Wesentlichen hält sie, was der Neunzigminüter versprochen hat. Nicht horizontal erzählt – aber ein großer Spaß!
„Einstein“ bringt alles mit, was eine gute Reihe braucht: zwei sehenswerte Hauptdarsteller, viele originelle Ideen, eine flotte Inszenierung und großes Potenzial für weitere Geschichten. Tatsächlich jedoch soll der Auftritt des genialen, unheilbar kranken Wissenschaftlers, der an einer Lösung aller Energieprobleme arbeitet und unfreiwillig zum Polizeiberater wird, einmalig bleiben. Dabei schreit Thomas Jahns Krimikomödie geradezu nach einer Fortsetzung.
„Föhnlage“ erzählt aus einem Reizklima heraus – entsprechend angespannt ist die Stimmung. Der „Alpenkrimi“ von Rainer Kaufmann lebt von der Atmosphäre, vom Eigensinn der Charaktere, von der Absurdität der kriminellen Energie. Ein bisschen herrscht Italo-Western-Stimmung im bayerischen Alpenvorland. Und ein Ösi gibt den de Niro. Ein Bayern-Schmankerl, aber kein Film aus einem Guss wie seine beiden Heimatkrimi-Vorgänger.
Ein toter Türsteher, zwei Gangster und schwunghafter Drogenhandel beschäftigen die friesischen Ermittler in „Familiengeheimnisse“, der zweiten Folge der „Friesland“-Reihe. Jens Jensen und Süher Özlügül liefern sich einen humorvollen, Funken sprühenden Wettkampf um den freien Posten der Polizei-Dienststellenleitung. Und gemeinsam mit Apothekerin Insa Scherzinger sind sie dem Stadt-Bullen immer einen Schritt voraus. Nur dezente Spannung, aber gute Besetzung in einem humorvollen Underdog-Krimi, der wie ein Witz mit umgekehrten Vorzeichen funktioniert: Blondinen und Ostfriesen gewinnen am Ende immer.
Der 16. „Friesland“-Film beginnt handelsüblich, wandelt sich jedoch zu einer überraschend vielschichtigen Geschichte. Die Handlung beginnt mit einem am Strand deponierten Toten. Zum Krimi wird „Fundsache“ (ZDF / Cologne Film), als Hobby-Forensikerin Scherzinger beim Bestatter vorsätzlich zwei Leichen vertauscht und sich auf diese Weise herausstellt, dass ein alter Mann, der bis dahin als „normal tot“ galt, ebenfalls ermordet worden ist. Da Autorin Mariann Kaiser dafür gesorgt hat, dass alle Ensemble-Mitglieder ihre Momente bekommen, wirken die Mitwirkenden besonders motiviert, zumal die Arbeit noch mehr Spaß macht, wenn die Dialoge bühnenreif sind. Gerade die kleinen Pointen, die mit ein bisschen Verspätung zünden, sind eine wahre intellektuelle Freude. Der „Wilsberg“-erfahrene Regisseur Dominic Müller hat das Drehbuch mit einer sympathischen Leichtigkeit umgesetzt.
Als die ZDF-Schmunzelkrimireihe „Friesland” (Warner) das erste Mal ohne Hauptdarstellerin Sophie Dal auskommen musste, war der Film prompt eine der schwächsten Episoden. Um das diesmal zu vermeiden, haben sich die Verantwortlichen erfolgreich um Verstärkung bemüht: Kommissar Overbeck aus den „Wilsberg“ weilt aus Urlaubs- und Verliebtheitsgründen in Leer und erweist sich wider Erwarten sogar als Hilfe, denn Henk Kassens und die kriminalisierende Apothekerin Insa Scherzinger sind anscheinend den Plänen für einen Anschlag von Umwelt-Aktivisten auf die Spur gekommen. Trotz des fesselnden Finales mit gleich zwei Countdowns ist „Gegenströmung“ dank der vielen witzigen Dialoge überwiegend heiter, woran neben Roland Jankowsky auch Tina Pfurr als neue Apothekenmitarbeiterin großen Anteil hat.
Die zwölfte Episode der Krimireihe „Friesland“ (ZDF / Warner Bros.) ist ein ausgesprochen amüsanter Krimi mit witzigen Dialogen & einer verzwickten Geschichte: „Haifischbecken“ handelt von der Suche nach dem Mörder eines betrügerischen Investmentmanagers, der aus Leer ein digitales Dorado machen wollte. Die Qualität des Drehbuchs von Georg Ludy spiegelt sich nicht zuletzt in den Leistungen des ausnahmslos sehenswerten Ensembles wider, das offensichtlich viel Freude an den geschliffenen Dialogen hatte. Neben der Kernidee vom „Friesland Valley“ beeindruckt die Geschichte vor allem durch ein verzweigtes Personen-Geflecht vieler Verdächtiger. Wie im herkömmlichen Krimi wandert das Polizistenpaar von einem zum anderen, aber die Kurzweiligkeit, mit der Regisseur Thomas Durchschlag dieses eigentlich konventionelle Erzählmuster umgesetzt hat, ist äußerst vergnüglich.
Von Kiffern und Krabben: Die Mischung zwischen Spaß und Spannung stimmt beim ZDF-Samstagskrimi „Friesland – Krabbenkrieg“, der fünften Episode der bei den Zuschauern äußerst beliebten Reihe. Die Ermittler haben Witz, die Story ist ansprechend verwirrend entwickelt und wird überraschend aufgelöst. Die Dialoge sind meist knackig & trocken und Regisseur Sehr gelingt es, die Landschaft stimmig in die Inszenierung einzubeziehen.
Nicht viel los in Ostfriesland. Die Landschaft ist platt, die Kreisstadt heißt Leer. Also heißt es für zwei Streifenpolizisten die Kompetenzen überschreiten und einen Mörder dingest machen. Was im Münsterland und in der Eifel geht, das klappt auch in Ostfriesland – auch ohne tiefer gelegten Witz. Wenn Karikatur, dann mit Schmackes. Hauptfiguren und Darsteller in der neuen Samstagskrimi-Reihe „Friesland“ zeigen indes Tiefe und Charakter. Der Mix aus Krimi und Komödie klappt in „Mörderische Gezeiten“ für den Anfang schon recht gut.
Nach einem verspielten Auftakt orientiert sich die „Friesland“-Episode „Prima Klima“ (ZDF / Cologne Film) zwar am Fernsehfilmstandard, aber das auf durchaus hohem Niveau. Gerade die Umsetzung der vielen nebensächlichen Drehbuchideen, denen die Geschichte ihren Charme verdankt, ist sehr gelungen. Im Zentrum der Handlung steht ein Institut, das mit Hilfe einer neuartigen Versiegelungstechnik Kohlendioxid unter dem Meeresboden entsorgen will. Die Fördermittel der EU drohen sich allerdings in Luft aufzulösen: Der Geschäftsführer des Instituts ist entführt worden, die Kidnapper fordern fünf Millionen Euro. Der hohe Unterhaltungswert der Geschichte resultiert vor allem aus der klugen Kombination der vielen verschiedenen Erzählebenen. Der fünfzehnte Film der Reihe gehört zu den besten.
Mit „Heldt – Zwischen Gesetz und Gerechtigkeit“ setzt das ZDF auf zeitgemäße Geschichten, moderne Optik, und mehr Frische. Die Vorabendserie bietet gelungene Krimiunterhaltung mit einem Charming Boy in der Titelrolle des eigenwilligen Ermittlers, einer attraktiven Blondine als Staatsanwältin sowie spannenden Fällen, gut dosiertem Tempo und pointierten Dialogen. Das Konzept ist durchsichtig, aber es passt und ist maßgeschneidert für Kai Schumann.
Mankell goes Allgäu: „Herzblut. Ein Kluftingerkrimi“ schickt den Allgäuer Ermittler in düstere Abgründe. Kluftinger wird von Visionen und Angstzuständen geplagt. Und sieht sich mit einer grausamen Mordserie konfrontiert. Morden und den Opfern das Herz heraus schneiden, das passt eigentlich gar nicht zu den eher bedächtigen Fällen des Provinz-Kommissars. So etwas kennt man in seiner Drastik aus den Skandinavien-Thrillern. Die vierte Verfilmung der Kultbuch-Reihe ist düster, ein Stück härter als die Vorgänger – und der Held in Filzpantoffeln ein Stück nachdenklicher. Das hat auch damit zu tun, dass er glaubt, todkrank zu sein.
Auch der zweite Spielfilm mit den ARD-Vorabendhelden Hubert und Staller ist dank Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau sowie der gelungenen Mischung aus Wortwitz und Slapstick eine kurzweilige Kriminalkomödie. Die Handlung ist ohnehin mehr als bloß ein Vorwand für die Auftritte der Vorortpolizisten: Der Münchener Polizeipräsident vermutet schwarze Schafe in den eigenen Reihen und bittet die Kollegen aus Wolfratshausen um Amtshilfe, doch bevor er einen konkreten Verdacht äußern kann, wird er ermordet.
Was anderswo Anlass zur Kritik wäre, macht aus Sicht der Fans vermutlich gerade den großen Reiz dieser Reihe aus. Die Figuren erfüllen die Erwartungen, die Konflikte sind wenig überraschend, die Versatzstücke sattsam bekannt: kein Eberhofer-Krimi ohne Ehrenrunde im Kreisverkehr. Deshalb ist auch der siebte Teil der stets heiteren Heimatkomödien mit Sebastian Bezzel und Simon Schwarz, „Kaiserschmarrndrama“ (Degeto / BR / Constantin Film), wieder ein großes Vergnügen, zumal Ed Herzog, der ständige Regisseur der Reihe, und sein Koautor Stefan Betz der Vorhersehbarkeit mit einigen Überraschungen trotzen.
Nach einigen durchwachsenen Darbietungen knüpft das Duo Mariele Millowitsch & Hinnerk Schönemann mit „Marie Brand und der entsorgte Mann“ (ZDF / Warner Bros.) auch dank der Rückkehr von Thomas Heinze an alte Stärken an. Für die Qualität des abwechslungsreichen Films bürgen zwei Namen: Autor Timo Berndt erzählt eine recht komplexe Geschichte aus dem Müllmilieu, in dem alle Beteiligten gegeneinander intrigieren; zwei geschickt mit dem Hauptstrang verwobene Nebenebenen sorgen zudem für einen hohen Unterhaltungsfaktor. Oliver Schmitz hat sein Ensemble ausnahmslos gut geführt; davon profitiert vor allem Schönemann, dessen Humoresken zuletzt allzu routiniert wirkten. Auch die Besetzung der Nebenfiguren ist durchweg interessant. Abgerundet wird der gute Gesamteindruck durch eine sorgfältige Kameraarbeit, die selbst den Müllbergen ein Flair von Romantik abgewinnt.