Nach „Der Chef ist tot“ (2017) bekommt die von Fritzi Haberlandt gespielte Maxxie Schweiger ihren zweiten Fall. „Der Koch ist tot“ (Zieglerfilm Köln) firmiert nun unter dem Obertitel „Mord geht immer“; das ist nicht unironisch und verweist darauf, dass das ZDF sich eine Reihe mit dem erfrischenden Plappermaul vorstellen könnte. Ein spielerisches Mörder-Raten mit Augenzwinkern – kammerspielhaft, figurenorientiert und unkompliziert. Für die größte Verwirrung sorgt da mitunter die Ermittlerin selbst – denn man weiß nie so recht, ob ihre Methoden Columbo-likes Kalkül sind oder ob sie beim Lösen ihrer Fälle mehr Glück als Verstand hat. Dramaturgisch & filmästhetisch ist dieser zweite Whodunit-Streich ausgereifter & ausgefeilter, die Besetzung gleichermaßen gut und es lohnt sich, dass Kowalski, dem man die Loriot-Schule anmerkt, diesmal mehr zu tun bekommt. Ein nicht weltbewegender, aber sehr kurzweiliger Filmspaß unter dem Motto „Das ganze Leben ist ein Krimiquiz…“
Sieben Jahre musste die seit der Premiere 2008 stetig wachsende Fangemeinde von „Mord mit Aussicht“ auf ein neues Lebenszeichen aus dem fiktiven Hengasch warten. Nun geht die Serie in die vierte Staffel. Beim dramaturgischen Konzept setzen die Macher auf das, was sich in 39 Folgen und einem Fernsehfilm bewährt hat. Die Gegensätze zwischen dem dörflichen Mikrokosmos mit seinen eingefahrenen Strukturen und der in die Eifel strafversetzten Großstädterin sind nach wie vor die Urquelle der Komik. Und die Polizeiwache und die konträren Arbeitsauffassungen bleiben das Herzstück der Serie. Die drei Hauptdarsteller wurden allerdings ausgetauscht. Das ist erst mal schwer gewöhnungsbedürftig. Die sechs, in Tonlage und Gangart sehr abwechslungsreichen Folgen mit ihren Schmunzel-Jokes, den Running Gags, den amüsanten Hengascher Eigenheiten und einem eher beiläufigen, nie überpointierten Sprachwitz bleiben aber solide Familien-Unterhaltung und sind durchaus eine Bereicherung für den ARD-Seriensendeplatz am Dienstag.
Die Idee ist nicht neu, aber witzig: Ein Fernsehkommissar ist überzeugt, nach über 150 gelösten Fällen mindestens so clever zu sein wie die echte Polizei. Nach dem überraschenden Tod seiner Mutter ist sich der populäre Seriendarsteller Tim Seebach sicher, dass die alte Dame vergiftet worden ist. Die zuständige Polizistin, Wiebke Tönnessen (Antonia Bill), hält das für Unfug; aber dann gibt es einen ganz ähnlichen weiteren Todesfall. Mit Oliver Mommsen ist die zentrale Figur dieses ausgesprochen heiteren und überaus spielfreudigen Auftakts zur neuen ARD-Reihe „Mord oder Watt?“ (RB, Degeto / Saxonia Media) perfekt besetzt. Die Dialogduelle, die sich Tim und Wiebke liefern, sind ein großes Vergnügen. Geschickt ergänzt das Drehbuch die abwechslungsreiche Geschichte um eine nachdenkliche Seite: Der eitle TV-Star erfreut sich zwar großer Beliebtheit, ist aber im Grunde einsam.
Auch der zweite Film mit Oliver Mommsen als Kommissarsdarsteller, der im echten Leben ebenfalls gern ermittelt, ist eine äußerst vergnügliche Krimikomödie. Muster und Personal entsprechen zwar bis ins Detail der Handlung von Teil eins, aber das macht gar nichts, zumal alle Beteiligten spürbar viel Spaß an dieser Produktion hatten. Die Dialoge sind eine große Freude; gerade die Wortgefechte zwischen der echten Polizistin (Antonia Bill) und dem TV-Ermittler lassen bei jeder Begegnung die Funken sprühen. Die postkartenbunten Urlaubsbilder von Bremerhaven sind ohnehin schön anzuschauen, die Musik verbreitet gleichfalls gute Laune.
Eine Hobbydetektivin, die genauso leidenschaftlich Mordfälle löst, wie sie kocht, und ihr Bruder, ein Dorfpolizist, dem das Zeug fürs Kapitalverbrechen offenbar fehlt, sind gemeinsam ein unschlagbares Team. Anna Schudt und Aurel Manthei machen auf Hänsel und Gretel – und das Dorf(leben) birgt viele dunkle Geheimnisse. Der Auftakt „Eine Leiche zum Dessert“ ist ein dicht erzähltes, unterhaltsames Whodunit-Schmankerl mit bodenständigen Charakteren & leicht mit Humor abgeschmeckt. Liebevoll ausgedacht, gut besetzt, präzise inszeniert!
Der Winternebel wabert. Ein Dorf feiert eine Sage, ein an der Küste Ostholsteins untergetauchter Ex-Polizist tarnt sich als Tierarzt und muss den Ball flach halten, was seine Vita angeht. Das nimmt der zweiten Episode von „Nord bei Nordwest“ ein bisschen den Fahrtwind aus den Segeln – und vertröstet den Zuschauer auf später. Das erotische Versprechen jedenfalls, das der Auftakt „Käpt’n Hook“ gab und die Top-Besetzung immer noch gibt, löst „Der wilde Sven“ leider (noch) nicht ein. Dafür gibt es andere starke Momente. Und auch die Idee mit Fluch und Spuk ist zumindest im Ansatz erfreulich.
Das Drehbuch zur fünften Episode mit dem Sylter Ermittlertrio stammt von Stefan Cantz und Jan Hinter, den „Vätern“ des „Tatort“ aus Münster. Das weckt Erwartungen, die das Autorenduo erfüllt: Der Fall ist zwar mehr als bloß ein Vorwand für die heiteren Einlagen, aber der Film ist eher ein Komödienkrimi als eine Krimikomödie. Großen Anteil daran hat Oliver Wnuk als Klugscheißer des Teams: Feldmann erwacht nach durchzechter Nacht inmitten einer Handvoll Frauen, die allesamt verdächtig sind, einen Nachtclubbesitzer auf recht ungewöhnliche Art ermordet zu haben. Und Sex spielt ausnahmsweise mal eine Rolle.
Der dritte Film der ZDF-Reihe „Nord Nord Mord“ entpuppt sich als derart familienfreundlich, dass er eigentlich auf den Krimitermin am Samstag gehört hätte. Gerade die charmanten Einlagen von Oliver K. Wnuk sorgen dafür, dass „Clüvers Geheimnis“ komödiantische Züge trägt. Doch den Autoren Stefan Cantz und Jan Hinter, den Schöpfern des „Tatort“ aus Münster, gelingt es hier fast besser als in ihrem Erfolgsformat, den Krimi spannend zu belassen. Außerdem besticht der Film durch einen Top-Cast und seine luftige Kamera.
Der Aufschwung Ost lässt auf sich warten in Brandenburg. „Dettmanns weite Welt“ ist der dritte „Polizeiruf“, der in und um Wustermark spielt und auf vertrautes Personal baut. 1994 traten Lansky und Kollege Dettmann zum ersten Mal in Aktion und bekamen dafür den Grimme-Preis. Wieder ist Bernd Böhlich am Start; wieder bleibt die große Kohle aus.
Der künstlerische Wert des neunten Teils der Reihe mit Sebastian Bezzel als schluffiger Provinzpolizist Eberhofer mag überschaubar sein, aber „Rehragout-Rendezvous“ (Degeto, BR / Constantin) hat einen hohen Unterhaltungswert. Der obligate Mordfall spielt allerdings nur eine Nebenrolle, denn der Dorfsheriff hat ganz andere Probleme: Gattin Susi ist zur stellvertretenden Bürgermeisterin ernannt worden, nun ist beim Franz tote Hose. Wichtiger als die Krimiebene sind ohnehin die mit liebevoll formulierten Beleidigungen gespickten Dialoge.
Das Kölner Kommissariat ist hoffnungslos unterbesetzt. Die Dezernatsleiterin steht plötzlich allein da. Sie beklagt sich beim Polizeipräsidenten, der die umwerfende Idee entwickelt, zwei Pensionäre in den Polizeidienst zurückzulotsen. Die wollen aber zunächst gar nicht… Die ARD-Vorabendserie „Rentnercops“ ist unübersehbar an die britische Erfolgsproduktion „New Tricks“ angelehnt, hat aber ihren eigenen, nicht zuletzt durch den Schauplatz Köln mit regionalspezifischen Themen wie Karneval und Klüngel geprägten Touch.
„Ocean‘s Eleven“ im schönen Allgäu: „Schutzpatron. Ein Kluftingerkrimi“ ist eine raffinierte Diebesgeschichte um eine kostbare Reliquie, die zweimal gestohlen wird. Ein Heimatkrimi mit viel Witz und gut dosierter Spannung, der von den schrägen Figuren, dem (nicht immer leicht zu verstehenden) Dialekt und kleinen, feinen Nebengeschichten lebt. Wer den sehr speziellen Kommissar mag wird von der fünften Verfilmung der Buchreihe bestens unterhalten.
Jetzt isst Stockinger seine Wurstsemmeln selbst. Der einstige Schnüffelgefährte von „Kommissar Rex“ hat seine eigene Serie. „Stockinger“ ist langsam inszeniert, etwas skurril und ohne große Spannung – so, wie Krimis beim deutschen Publikum nicht sein dürfen. Zum zweiten „Kottan“ hat’s zwar nicht gereicht, dennoch war die Serie mit dem großartigen Karl Markovics 1996 eine echte Erholung vom jungdynamischen Hochglanz-TV.
Drehbuchautor Thomas Schwan und Regisseur Lars Jessen verpassen dem Mann aus dem Norden einmal eine leichtere Tonlage. „Wir wollten Ernstes und Amüsantes auf eine Linie stellen, ohne uns ständig entscheiden zu müssen: Ist das jetzt ein Drama, eine Komödie oder ein Krimi?“, umschreibt Jessen den besonderen Reiz dieses elften Borowski-„Tatort“.
Auch im zehnten Fall sind sich der Kommissar und sein Pathologe in brummiger Hassliebe verbunden. Ein alter Mordfall wird wieder aufgenommen: Vor sechs Jahren ist eine Familie ermordet worden; die Leichen waren spurlos verschwunden… Geschickt verschachtelte Handlung, deren kleine Logiklücken von den Hauptdarstellern mit großer Leichtigkeit und makabren Dialogen überspielt werden. Besonders gelungen: die Slapstick-Einlagen!
… und sich die Autoren noch etwas einfallen lassen mussten. „Der doppelte Lott“ (2005) ist der achte „Tatort“ mit Prahl, Liefers & Co. Von 2012 besehen: ein Highlight der Reihe. Hier werden Fall und Geschichte noch nicht auf die spätere, bisweilen allzu alberne Erfolgsformel reduziert und es wird noch nicht die schnelle Pointe hinter jedem Dialog des Teams gesucht. Und der bestens getimte Film von Manfred Stelzer nach dem vorzüglichen Buch von Stefan Cantz und Jan Hinter ist (noch) offen für diffizile Stimmungslagen: neben dem Krimi, bereits mit einer Prise Komik präsentiert, kommt sogar Gefühl ins Spiel. Thiel ist verliebt…
Als Comic-Superheld verkleidet und mit Säure-Spritzpistole und Spezialhammer bewaffnet, macht sich ein Münsteraner Einzeltäter auf zu einem Rachefeldzug gegen die Verantwortlichen in einem Immobilien- und Bauskandal. An Einfällen und dramaturgischen Besonderheiten mangelt es dem WDR-„Tatort – Der Hammer“ nicht. Die Stimmungslagen sind vielfältig, der Film enthält viele attraktive Einzelszenen, viele Nacht-Aufnahmen, originelle Situationen, vier telegene Leichen, einen verhältnismäßig dramatischen Showdown und sogar mit ein bisschen Action kann Lars Kraume dienen. Gewitzelt wird dafür mit gebremstem Schaum.
Brutale Geiselnahme, Mord, gnadenloser Racheplan – Dorn und Lessing haben in ihrem 10. Fall eine harte Nuss zu knacken. In „Der letzte Schrey“ (MDR / W&B Television) hat der Zuschauer zwar gegenüber den Ermittlern einen kleinen Wissensvorsprung, aber was den Hintergrund der Geiselnahme angeht, tappt er gleichermaßen im Dunkeln. Nach dem schwachen „Die harte Kern“ geht es zwar wieder aufwärts mit dem „Tatort“ aus Weimar, aber die gute Inszenierung und eine furiose Exposition können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung nach einem Coen-liken Höhepunkt durchhängt – und der Film nicht die Qualität der Episoden 2 bis 8 erreicht. Man vermisst die komplexen, überbordenden und originell verwobenen Geschichten, das dialogische Feuerwerk und das Miteinander von Witz & Ironie, von Mitgefühl & Spannung, das zum Markenzeichen dieses „Tatort“-Ablegers wurde.
Der Titel „Ein Fuß kommt selten allein“ lässt keinen Zweifel: Stefan Cantz und Jan Hinter, die vor 2002 das erste Drehbuch für das Duo aus Münster geschrieben haben, versorgen Axel Prahl und Jan Josef Liefers auch in deren 29. gemeinsamem „Tatort“ mit viel Wortwitz, den das Duo gewohnt beiläufig aus dem Ärmel schüttelt. Der im Formationstanzmilieu angesiedelte Fall ist dagegen todernst. Skurril wird es erst, als das titelgebende Körperteil ins Spiel kommt. Und dann gibt es noch etwas Slapstick & Liefers gibt eine Disco-Einlage.
Ein einstmals heißer Feger ist ermordet worden, mit dem Boerne auch was am Laufen hatte… „Hinkebein“ vereint die Stärken und Schwächen, die dem Münsteraner „Tatort“ eigen sind. Die Story muss immer ein bisschen künstlich hingebogen werden, damit sich die Spielchen des ungleichen Duos entfalten können. Gute Besetzung, solide Regie, ein Schmunzelkrimi zum prima Weggucken, der für Filmgeschichtsliebhaber einige nette Anspielungen parat hält.