Beim Konzept einer neuen Krimireihe geht’s in der Regel erst mal um die Hauptfigur, doch dann stellt sich ganz schnell die Frage nach dem Schauplatz. Die Metropolen sind längst alle abgefilmt, aber manche Charaktere passen ohnehin besser in die Provinz. Mit Bamberg hat RTL für seine dritte Dienstagsreihe nach „Dünentod“ (Wilhelmshaven) und „Die Neue und der Bulle“ (Duisburg) immerhin eine Region entdeckt, die zwar kein filmisches Neuland, aber auch nicht gerade überlaufen ist. Das Nürnberger „Tatort“-Team hat vor einiger Zeit mal einen Betriebsausflug nach Oberfranken gemacht („Wo ist Mike?“, 2021), aber davor gab’s den letzten echten Bamberg-Krimi 2012 im Rahmen der BR-„Heimatkrimi“-Reihe („Bamberger Reiter. Ein Frankenkrimi“), die ab 2008 großen Anteil daran hatte, dass gerade die ARD seither ganz viel in der Provinz ermitteln lässt.
Angesichts des Auftaktfilms zu „Behringer und die Toten“ zeigt sich jedoch recht bald: „Bamberg-Krimi“ ist bloß das Etikett. Zwischendurch sorgen Kameraflüge über der Stadt als Kapiteltrenner für ein bisschen Atmosphäre, mittendrin hüpft ein Jugendlicher auf der Flucht in die Regnitz, aber ansonsten spielt der regionale Faktor keine große Rolle; der ortstypische Dialekt erklingt kein einziges Mal. Dem nichtfränkischen Teil des Publikums wird’s egal sein, zumal die meisten Menschen beim Reihenkrimi andere Prioritäten setzen: Erst kommen die Figuren, dann die Mitwirkenden (je nach Prominenz auch mal andersrum); der Schauplatz ist, wenn es sich nicht gerade um einen exotischen oder besonders pittoresken Drehort wie etwa den Bodensee handelt, eine Dreingabe. Antoine Monot wird dem RTL-Publikum vermutlich vor allem aus den Werbespots für eine Elektromarktkette bekannt sein, aber zu seiner Rolle passt er perfekt (oder umgekehrt): Konrad Behringer erinnert auf den ersten Blick an Balou, den gutmütigen Bären aus dem „Dschungelbuch“, dessen Lebensdevise „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ ohnehin dem Tempo der meisten Provinzkrimis entspricht. Ähnlich wie bei Behringers Bruder im Geiste, dem Dorfsheriff aus der ARD-Reihe „Harter Brocken“, neigen nicht nur die Gegenspieler dazu, diesen Mann zu unterschätzen.
Die zentrale Figur ist also schon mal interessant, zumal Autorin und Produzentin Berit Walch die Rolle um einige originelle Details ergänzt hat: Behringer führt nebenbei eine Gastwirtschaft und verwendet für seine Notizen alle möglichen Gegenstände, die gerade zur Hand sind, vom Pappbecher bis zur Atemschutzmaske; eine clevere Methode der assoziativen Gedächtnisstütze, in den Augen seiner neuen Kollegin allerdings ein „Monk-Ding“. Mit Cosima Henman, die in jeder Rolle enorm viel Energie versprüht, ist auch diese Rolle prima besetzt, zumal die junge Ela viel Humor in den ersten Film bringt; „Feuerteufel“ ist zwar kein Schmunzelkrimi, hat aber im Zusammenspiel des ungleichen Ermittlungsduos durchaus seine heiteren Momente. Dritte zentrale Figur ist Behringers Schwester Anne; Jessica Ginkel, einst weiblicher Star des Dauerbrenners „Der Lehrer“, kehrt mit den Bamberg-Krimis ebenso zu RTL zurück wie Henman, die gleichfalls lange in der Serie mitgewirkt hat.
Bleibt noch die Geschichte: Beim Brandanschlag auf einen Wohnwagen ist ein Fotograf getötet worden; Nele, die Tochter der Bürgermeisterin, konnte zwar aus den Flammen geborgen werden, schwebt aber in Lebensgefahr. In letzter Zeit sind einige allerdings wesentlich harmlosere Brände gelegt worden. Entweder hat die letzte Tat ein ungewolltes Ausmaß angenommen oder ein Trittbrettfahrer versucht, einen Mord zu kaschieren. Nach einer knappen Filmstunde scheint der Fall gelöst. Zeugin der Anklage ist eine Ameise: Neles Ex-Freund war am Tatort; aber für den Brand ist er ebenso wenig verantwortlich wie drei Jugendliche, die dafür auf andere Weise in den Fall verwickelt sind.
Zwischendurch gibt’s ein bisschen mit donnernder Musik unterlegte Action, als Ela im Rahmen einer Verfolgungsjagd beherzt in den Fluss springt, doch über weitaus größere Strecken orientiert sich die Umsetzung inklusive Ry-Cooder-Klängen eher am Habitus Behringers, ohne allerdings je behäbig zu sein (Regie: Ralf Huettner). Die kriminalistische Ebene ist dank gleich zweier erpresserischer Nebenstränge ohnehin vielschichtiger, als es zunächst den Anschein hat. Trotzdem ist „Feuerteufel“ vor allem wegen des Kern-Ensembles sehenswert. Dazu zählt auch Wanda Perdelwitz als Elas Vorgängerin, die bei einem Einsatz angeschossen wurde und seither im Rollstuhl sitzt. Viel Freude machen nicht zuletzt die Drehbuchideen am Rande, als Ela im Zuge der Ermittlungen ihrer früheren Biologielehrerin begegnet oder die schwerverletzte Nele Behringers Fragen durch Drücken des Alarmknopfes beantwortet. Selbst der gern verwendeten Szene mit einem Süßigkeitenautomaten, der sich weigert, einen Schokoriegel auszuspucken, gewinnt Walch eine unerwartete Seite ab.