Das hätte sich Emanuel Schikaneder auch nicht träumen lassen: Im stolzen Alter von gut 270 Jahren ist er tatsächlich Drehbuchautor geworden; zumindest hat ihm das ARD-Presseportal diese Funktion vorübergehend zugeschrieben. Der Schauspieler, Sänger, Dichter und Regisseur ist zwar in der Tat Urheber einer der beliebtesten Opern überhaupt, aber das Drehbuch zum „Märchen von der Zauberflöte“ stammt von Marvin Litwak. Der WDR hat ihm auch die Regie zugetraut, obwohl seine Filmografie mit Ausnahme einer eher unbekannten Kinoproduktion („Pawo“, 2018) im Grunde nur aus Werbefilmen besteht. Diese Entscheidung wird die Redaktion nach Ansicht des fertigen Films womöglich bereuen: Handwerklich ist der insgesamt 56. Beitrag zur ARD-Reihe „Sechs auf einen Streich“ durchaus sehenswert, gerade die Bildgestaltung (Kamera: Amin Oussar) ist gut. Für die Arbeit mit dem zumindest in den Nebenrollen namhaft besetzten Ensemble gilt das jedoch nur bedingt; stellenweise ähneln die gelegentlich gar unfreiwillig komischen Darbietungen einem ambitionierten Amateurtheater. Das gilt auch für ein berüchtigtes Trio, das den Weg ins benachbarte Königreich versperrt: Die drei „Unbesiegbaren“ wirken wie Narren aus der schwäbisch-alemannischen Fastnacht.
Ob Schikaneder sein Libretto für Wolfgang Amadeus Mozart 1791 uraufgeführte und sehr kindgerechte letzte Oper auf gleiche Weise wie Litwak adaptiert hätte, ist ebenfalls fraglich. Das Drehbuch erlaubt sich einige künstlerische Freiheiten, was aber natürlich völlig in Ordnung ist; andere Märchenfilme haben mit den jeweiligen Vorlagen oft bloß noch den Titel gemein. Letztlich läuft die Handlung wie so oft darauf hinaus, eine Prinzessin zu retten. Der Clou der Geschichte ist das falsche Spiel ihrer Stiefmutter: Angeblich will die Königin der Nacht (Jessica Schwarz) die Tyrannei des Nachbarn Sarastro (Waldemar Kobus) beenden, aber in Wirklichkeit hegt sie finstere Pläne. Die Machtspiele dienen allerdings bloß als Hintergrundgeplänkel, weil Litwak in erster Linie ein modernes schwarzweißes „Buddie-Movie“ im Sinn hatte. Helden sind zwei Hochstapler und Trickbetrüger. Der vermeintliche Prinz Tamino (Ilyes Raoul) besitzt eine magische Flöte, deren zauberhaften Klängen sich niemand entziehen kann: Sobald er zu spielen beginnt, müssen die Menschen tanzen; das nutzt Komplize Pagageno (Dimitri Abold), um ihnen die Wertsachen abzuknöpfen. Die Königin lässt die beiden Freunde festnehmen und schickt sie aus, um die vom schurkischen Monostatos (Michael Kessler) entführte Stieftochter Pamina (Harriet Herbig-Matten) zu befreien; außerdem sollen sie ein Zauberamulett erbeuten, dass der Königin zu unermesslicher Macht verhelfen würde. So weit kommt es gar nicht erst, weil Pamina ihre Wächter übertölpelt hat und den Freunden in die Arme läuft; aber jetzt geht das Abenteuer erst richtig los.
Es gibt ein paar hübsche visuelle Effekte, außerdem muss Tamino sein Kindheitstrauma überwinden, um das Vorhaben der Königin zu vereiteln, doch die eigentliche Würze des Films sind die von Papageno angezettelten Diskussionen über die Rollen der beiden Freunde. Dimitri Abold hat wie in vielen solcher Geschichten den dankbareren Part, und das nicht allein wegen der witzigen Dialoge: Während dem schmucken Tamino Taten deutlich mehr liegen als Worte, ist der Freund und Vogelfänger, bei Mozart ein Hanswurst, der typische Bedenkenträger, der Pläne lieber schmiedet als umsetzt. Sehenswert ist zudem Harriet Herbig-Matten, die nach ihrer ersten großen Rolle als Titeldarstellerin des Kinofilms „Das Pubertier“ (2017) auch in einigen TV-Produktionen sehr positiv aufgefallen ist. Dass sich Tamino in die temperamentvolle Pamina verliebt, liegt auf der Hand. Auch Papageno findet schließlich sein Glück, wobei sich nicht nur der jüngste Teil des Publikums womöglich fragen wird, wieso sich der gelbe Singvogel, hinter dem er die ganze Zeit her ist, plötzlich in die Magd Papagena (Carlotta Truman) verwandelt.