Friesland – Hand und Fuß

Maxim Mehmet, Sophie Dal, Vörtler, Heyer, Isabel Prahl: So flach wie die Landschaft

Foto: ZDF / Willi Weber
Foto Volker Bergmeister

Nun, gar so viel „Hand und Fuß“ wie der Titel vorgibt, hat der neunte „Friesland“-Krimi (ZDF / Warner Bros.) auch wieder nicht. Alles läuft nach dem bekannten Muster ab. Brav und harmlos geht es zu in diesem Krimi mit leicht komödiantischer Note, die Figuren sind schablonenhaft, Spannung kommt kaum auf, weil die Geschichte ohnehin nur wie Vorwand wirkt. The same procedure. Im Mittelpunkt stehen die Landschaft und das durchweg sympathische Ermittlerteam, der Rest ist Garnierung. Isa Prahl hat den Film stimmig in Szene gesetzt: Die Reihe erfüllt das, was man von ihr erwartet: Unterhaltung, die nicht weh tut!

Im Restaurant bemerkt Bestatter Habedank (Holger Stockhaus), dass er sein Handy wohl im Sarg eines jüngst Verstorbenen hat liegen lassen. Er eilt ins Krematorium, findet das Telefon. Doch damit nicht genug. Im Sarg liegt etwas, was da nicht hingehört: ein dritter Fuß. Tags darauf informiert er die Polizisten Henk Cassens (Maxim Mehmet) und Süher Özlügül (Sophie Dal). Die beiden glauben ihm kein Wort. Und einen Beweis gibt es auch nicht, da der Sarg bereits eingeäschert wurde. Nur Kommissar Jan Brockhorst (Felix Vörtler) reagiert komisch, erinnert ihn das doch an einen ungelösten Fall aus Wilhelmshaven. Der Serienmörder entkam bei der Festnahme, seither schiebt Brockhorst Dienst in Friesland. Süher und Henk gehen der Sache eigenmächtig doch nach, beobachten in der darauf folgenden Nacht tatsächlich einen Unbekannten auf dem Gelände des Krematoriums. Beim Versuch, ihn zu stellen, wird Henk niedergeschlagen, im Gebäude findet sich schon wieder ein abgetrenntes Körperteil, diesmal eine Hand. Insa Scherzinger (Theresa Underberg) lässt es sch als Hobby-Forensikerin nicht nehmen, die Hand zu untersuchen. Nebenbei steckt sie in den Hochzeitsvorbereitungen ihrer Freundin Britta (Luise Heyer), die einen wilden Junggesellinnen-Abschied feiert, im Bett ausgerechnet neben Henk aufwacht und beide sich an nichts erinnern können. Insa kann die Hand einer Krankenschwester zuordnen, die in der Klinik von Professor Bertram (Wolfgang Pregler), in der auch Brittas Bald-Gatte (Philipp Hochmair) arbeitet, aber seit einiger Zeit verschwunden ist. Bald schon kommen Süher und Henk einem Skandal um medizinischen Abfälle auf den Grund. Und Brockhorst glaubt, seinen Serienmörder gefasst zu haben.

Beim neunten „Friesland“-Krimi kann man – um im Bild zu bleiben – nur teilweise sagen, er hat „Hand und Fuß“: Klar, das – nach der Umbesetzung von Florian Lukas zu Maxim Mehmet – mittlerweile eingespielte Team liefert sich die bekannten Scharmützel. Doch die wirken arg brav und bieder. Ein paar leicht pointierte Dialoge bilden die Ausnahme, davon hätten mehr gut getan. Henk ist der lockere Junge, der Spaß und seine Ruhe haben will, Süher ist die Ehrgeizige, die kombiniert und sich weiterbildet. Der Einstieg zeigt wie beide ticken: „Wir sind Streifenpolizisten, holen Robbenbabys aus dem Watt, kümmern uns um Güllebetrug, wenn es hoch kommt … aber ich trag ’ne Pistole und kann über rote Ampeln fahren“, sagt er. Sie fragt ein paar Mädels, die mit dem Traktor unterwegs sind, nach den Fahrzeugpapieren, dabei sitzt Insa Scherzinger am Steuer. „Das hier ist Verkehrsgefährdung!“, sagt sie ganz korrekt und weist auf das Rechtsfahrgebot hin. Darauf Henk: „Das ist ein JGA“. „Was?“ „Ein Junggesellenabschied“, antwortet „Henkilein“, wie die beschwipsten Frauen ihn nennen.

Friesland – Hand und FußFoto: ZDF / Willi Weber
Morbide Seelenverwandtschaft: Krematoriumsleiterin Elisabeth Veith (Sonsee Neu) & Bestatter Habedank (Holger Stockhaus)

Die Figuren um das Ermittler-Duo herum agieren seit Beginn an nach dem selben Muster: Brockhorst fühlt sich fehl am Platz, will am liebsten nach Wilhelmshaven zurück, die Scherzinger gibt im Labor die Friesland-“Miss Marple“ und Bestatter Habedank tapst durch die Szenerie. Und die Geschichte? Nun, wenn – wie in diesem Fall – mit Christian Schiller, Marianne Wendt und Magdalena Grazewicz gleich drei Drehbuchautoren am Werke waren, dann ist es wie meistens: viel muss rein in die Story, und die verliert dadurch an Zug und Stringenz. Die Nebenstränge – der Mann im Leuchtturm (Shenja Lacher ist hier deutlich unterfordert), der Mann, der sich um seine Mutter kümmert und eine geheime gleichgeschlechtliche Beziehung hat – wabern so dahin. Das Thema Beseitigung medizinischer Abfälle kommt kaum vor, darüber wird ein wenig nebenbei gesprochen.

Wichtig ist in erster Linie, die Landschaft und die bekannten Ermittlerfiguren in Szene zu setzen. Isabel Prahl, die mit „1000 Arten Regen zu beschreiben“ ein beachtliches Kinofilm-Debüt hingelegt und für die ARD gerade erst das Drama „Was wir wussten – Risiko Pille“ gedreht hat, weiß mit der Szenerie zu spielen. Das Timing stimmt, nur gegen die schlappe Story kann sie auch nicht an inszenieren. Alles wirkt nett und harmlos. Aber das liegt im Trend – und findet sein Publikum. „Wilsberg“ arbeitet häufig ähnlich. Ein locker-leichter Grundton, ein paar sympathisch agierende, anschlussfähige Figuren, kaum Spannung, weil die Geschichte eh kaum interessiert – so lautet die Erfolgsstory dieser Wohlfühl-Krimi-Reihe. Da gibt es keinen Schockmoment, keinen Aufreger, es geht einzig und allein um gefällige Unterhaltung. Und um Friesland, die Dünen, die See, den Sand, den Leuchtturm und die Menschen, die hier alles andere als lebensnah agieren. Aber wie heißt eine plattdeutsche Weisheit: „Wer Dag för Dag sin Arbeit deit und jümmers op sin Posten steiht, und deit dat got und deit dat gern, der darf sich ok mal ämüseern“.

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Reihe

ZDF

Mit Maxim Mehmet, Sophie Dal, Theresa Underberg, Holger Stockhaus, Felix Vörtler, Luise Heyer, Philipp Hochmair, Sonsee Neu, Oli Bigalke, Shenja Lacher, Wolfgang Pregler, Friederike Frerichs, Christina Beyerhaus

Kamera: Mathias Prause

Szenenbild: Nora M. Stenutz

Kostüm: Nicole Hutmacher

Schnitt: Daniel Scheuch

Musik: René Dohmen, Jochim Dürbeck

Redaktion: Martin R. Neumann (ZDF)

Produktionsfirma: Warner Bros. ITVP Deutschland

Produktion: Anton Moho

Drehbuch: Christian Schiller, Marianne Wendt, Magdalena Grazewicz

Regie: Isabel Prahl

Quote: 5,98 Mio. Zuschauer (20,8% MA); Wh. (2021): 5,06 Mio. (20,6% MA)

EA: 14.12.2019 20:15 Uhr | ZDF

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