Auch in Freyling, einem fiktiven Ort an der Isar, ist die Wirtschaftskrise angekommen. Der Pleitegeier kreist über der bayerischen Gemeinde. Der größte Arbeitgeber der Stadt droht mit Schließung des Werks. Die Politiker stehen unter Druck. Jetzt droht auch noch der Super-GAU im Pflegedienst. Denn die ehrenamtlichen Helfer wollen nicht länger die unzumutbaren Zustände mittragen. Sie sollen seelischen, emotionalen Beistand leisten, aber sie können und wollen nicht das ausgebildete Pflegepersonal ersetzen. Nach dem Unfalltod einer Demenzkranken will Hausfrau Julia, eine der Ehrenamtlichen, nicht länger stillhalten: Sie ruft zum Streik der Freiwilligen auf. Das Beispiel macht in anderen Landkreisen die Runde, und den Politikern wird angst und bange.
„In diesem Film kommt viel Drama zusammen, da wird kein soziales und privates Problem ausgelassen“, sagt Jule Ronstedt, die nach tollen Komödien wie „Wer früher stirbt ist länger tot“ und einigen Filmen aus dem leichteren Fach, mal wieder für eine ernsthafte Rolle engagiert wurde. „Ich muss nach der dritten Romantic Comedy dringend ganz schnell was anderes machen, weil es mich sonst langweilt.“
Das Angebot für die teamWorx-Produktion „Genug ist nicht genug“ kam zwei Wochen vor Drehbeginn. „Ist euch jemand ausgefallen?“, war die erste Frage der 38-jährigen Münchnerin. Grund für die Last-Minute-Besetzung: der Film ist der fiktionale Beitrag zur ARD-Themenwoche „Ist doch Ehrensache! Wie Menschen sich für die Gesellschaft engagieren“. Die Zeit war extrem knapp für die Produktion eines Neunzigminüters. Alles passierte auf den letzten Drücker: das Feilen am Drehbuch, die Besetzung, die Locationssuche, die Festlegung des Drehplans. Heiße Nadel auch bei der Postproduktion. Ronstedt: „Ein Wunder, dass alles geklappt hat.“
„Genug ist nicht genug“ will aufklären und sensibilisieren für ein Thema, von dem selbst dem Regisseur Thomas Stiller vor diesem Projekt „nicht die geringste Ahnung“ hatte. Stiller, dessen didaktikfreier Ausnahmefilm „12 Winter“ unlängst in der ARD zu sehen war, will mit dem Film „ein großes Publikum auf die wertvolle Arbeit der Freiwilligen aufmerksam machen“. Der Film ergreift Partei für die Betroffenen, für die „kleinen Leute“, sucht keine billigen Lösungen und setzt auf eine gute Mischung altbewährter und neuer Gesichter.
Jule Ronstedts Hausfrau, die sich durch die Streik-Aktion emanzipiert, aber sich nicht nur Freunde damit macht, ist die ideale Identifikationsfigur, die den unwissenden Zuschauer über 90 Minuten mitnimmt auf eine Reise durch den sozialen Notstand. Wie oft bei „lehrreichen“ Filmen muss man Abstriche machen. Die gelegentlich papiernen Dialoge regeln vor allem den Informationsbedarf. Autor Oliver Frohnauer griff auch gelegentlich zu schnell zum Klischee, anstatt auf dramaturgische Bögen zu setzen. Im kreativen Schulterschluss mit den Schauspielern gelingt es dafür Regisseur Stiller, durch eine im Detail stimmige Inszenierung den Anschein zu erwecken, dass „Genug ist nicht genug“ mehr ist als ein nur gut gemeinter Film.