„Totentanz“ ist der zweite gemeinsame Fall für „Herr und Frau Bulle“. Yvonne (Alice Dwyer) und Heiko (Johann von Bülow) bekommen Besuch von Heikos altem Freund Piet Bernsdorff (Andreas Pietschmann). Dessen Tochter liegt todkrank in der Charité, er kümmert sich liebevoll um sie. Der Abend wird jäh unterbrochen. Der Wagen eines Politikers fliegt in die Luft, Yvonne eilt zum Tatort. Der Chauffeur, der für eine Security-Firma arbeitete, ist tot. Staatssekretär Görner hat überlebt, er war vorher ausgestiegen. Mit den Ermittlungen werden sowohl der Staatsschutz als auch die Mordkommission beauftragt. Der Staatsschutz mauert, so brauchen Yvonne und ihr Kollege Kevin (Tim Kalkhof) Heikos gute Kontakte als Profiler, um an die geheimen Ermittlungsunterlagen zu kommen. Die Spur führt ins Rotlichtmilieu. Bei den Nachforschungen sind Yvonne wieder mal die Hände gebunden, ist sie doch mit der Unterwelt auf (immer noch) geheimnisvolle Weise vernetzt und verbunden. Ein hoher Beamter im Wirtschaftsministerium gerät unter Verdacht, denn der Staatssekretär hatte ihn mit belastendem Material über einen illegalen Sex-Skandal in der Hand. Das finden die Ermittler heraus, als sie in einem Etablissement im Hinterzimmer eine junge Frau aus Moldawien angekettet an ein Bett entdecken und befreien. Dann bekommt der Fall eine Wendung. Denn die Konstruktion der Autobombe ist typisch für Bomben im somalischen Bürgerkrieg. Der getötete Chauffeur hatte wie Heiko und Piet in Somalia gedient. Als ein weiterer Kamerad der beiden erschossen wird, fällt der Verdacht auf Piet. Heiko will das nicht wahrhaben, ist sogar etwas erleichtert, als in seinem Haus ein Mordanschlag auf Piet verübt wird, den er knapp überlebt. Oder galt dieses Attentat etwa Heiko? Und was ist damals in Somalia passiert?
Sie sind ein Ehepaar, wenn auch ein sehr ungleiches. Sie ist Kommissarin, er Profiler. Sie kennt die Unterwelt, er ist penibel und zwanghaft, ein wahrer Kontrollfreak. Dass die beiden ein Paar sind, merkt man nur selten. Vor Piet gibt es einen Kuss, aber sonst? Sie gehen oft eher korrekt denn verliebt miteinander um. Knutschen sieht man sie nicht, auch wenn sie ein Bett miteinander teilen und Heiko glaubt, alles über seine Frau zu wissen. Als Yvonne die Witwe des ermordeten Fahrers über ihren Mann ausfragt, sie aber nichts erzählen kann, steht Heiko daneben und meint, das gäbe es nicht, dass ein seit vielen Jahren verheiratetes Paar nicht alles voneinander weiß. Yvonne erklärt ihm, dass man auch in einer 15-jährigen Beziehung Geheimnisse voneinander haben kann. Nur Heiko weiß es nicht. Aber der sagt ja von sich selbst auch: „Ich kann besser denken als fühlen“. Was an diesem Paar gefällt, ist, dass der Humor zwischen ihnen eher leise und schleichend daherkommt. Keine Pointen fliegen da umher, mal eine knappe Bemerkung, mal eine witzige Situation. Er ist er der Grundton, der Spaß macht, der zu den Charakteren passt, der eine heitere Note reinbringt in den ansonsten eher spannend-düsteren Fall. Auch die restlichen Teammitglieder tragen dazu bei: Frau Springer (Birge Schade) ist trocken-herb in ihren Aussagen, zugeknöpft in ihrer Art. Kevin, Yvonnes Kollege, ist ein Kumpel-Typ, der auch mal Gefühle zeigt, etwa wenn er Frau Springer erzählt, was ihm passiert ist, als das erste Mal jemand auf ihn geschossen hat.
Die Geschichte von Axel Hildebrand („Getrieben“) ist griffiger als seine Auftakt-Episode für „Herr und Frau Bulle“. Der Autor setzt auf überraschende Wendungen. Erst einmal steuert die Story in eine Richtung: Da ist der Polit-Karrierist, da ist das Rotlichtmilieu, da ist eine junge Frau, die für Sexspiele gefangen gehalten wird, da ist ein anderer Politiker, der erpresst wird. Doch beim Blick auf die Uhr wird schnell klar, so leicht will es der Autor sich und uns nicht machen. So dreht sich die Krimistory. Zwar kann man schnell erahnen wohin. Doch dann wird sie erneut gebrochen, was für zusätzliche Spannungsmomente sorgt. Zum Showdown ist ein wenig Action angesagt, aber sehr moderat, hier steht die Auflösung der Geschichte und das persönliche Verhältnis der Hauptfiguren im Blickpunkt. Das ist durchaus schlüssig und durchdacht. Leider aber wird zu viel durch Dialoge erklärt und zerredet.
Uwe Janson, routinierter Regisseur in den Genres Krimi („Tatort“, „Sperling“), Historien-Drama („Zwischen Himmel und Hölle“, „Laconia“), Theaterfilm („Baal“, „Lulu“, „Werther“) und Komödie („Der Minister“), setzt in diesem Krimi weniger auf Action, eher auf ruhigere Momente. Er ist nah an den Protagonisten, etwa wenn Yvonne um ihren Mann bangt, dann ist die Kamera ganz bei Frau Bulle, jede Gefühlsregung bekommt man hautnah mit. Auch die Szenen zwischen den Männerfreunden Heiko und Piet sind sehr bildstark, zwei ehemalige Kameraden, die sich lange nicht gesehen haben, alte Zeiten wieder aufwärmen, aber sich auch vorsichtig abtasten und annähern, und – wie bei Heiko – nicht wissen, ob sie dem anderen noch trauen können. Und es gibt fantasievolle Szenen am Krankenbett, etwa wenn Piet für seine Tochter Limbo tanzt, um sie aufzuheitern. Nach dem durchwachsenen Start 2018 ist der zweite Film der ZDF-Samstags-Krimireihe um einiges griffiger, auch wenn „Herr und Frau Bulle – Totentanz“ noch reichlich Luft nach oben für weitere Fälle lässt. Das Kontrast-Duo mit Trauschein muss – und kann wohl auch – noch zulegen. (Text-Stand: 25.8.2019)