„Marie Brand und das Spiel mit dem Glück“ taucht ein in die Welt des Glücksspiels, in der der Traum vom Gewinn und einem unbeschwerten Leben meist zum Albtraum aus Schulden und sozialem Abstieg wird. Spielautomaten-Betreiber Calser sitzt tot in seinem Wagen, erschossen bei der wöchentlichen Kontrollrunde in einem seiner Casinos. Zwei Jungs bedienen sich beim Münzgeld aus dem Kofferraum, kaufen sich damit im Laden um die Ecke Walkie-Talkies, bis der Besitzer misstrauisch wird, die Jungs zum Wagen verfolgt und die Leiche entdeckt. Alles sieht nach Raubmord aus, denn das ganze Papiergeld fehlt. Marie Brand (Mariele Millowitsch) und Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) begutachten den Tatort. Im Spielcasino setzt Simmel sich gleich an einen Automaten, um seiner Kollegin zu zeigen, wie man satt gewinnen kann. Doch noch ehe die Münzen klimpern, müssen er und Brand Oliver Calser (Jörg Malchow), Sohn und Geschäftspartner des Ermordeten, die traurige Nachricht zu überbringen.
Der hat jede Menge Informationen für die Kommissare: Calser senior war in mehrere ernst zu nehmende Konflikte verwickelt. Sein Ex-Gesellschafter Lothar Emmerich (Michael Schenk), den Calser wegen Manipulationen an den Spielautomaten ins Gefängnis gebracht hat, ist wieder frei und hatte bei der Verurteilung Rache geschworen. Michi Calser (Daniel Lommatzsch), zweiter Sohn des Opfers, hat mit dem Vater gebrochen, weil er als Suchtberater die Leiden der Spielsüchtigen kennt und seine Zocker-Freundin durch Selbstmord verloren hat. Eine Bande von professionellen Spielern hat zudem Schwachstellen der Calser-Automaten ausgenutzt und ihn abgezockt. Merkwürdig verhält sich auch die Casino-Mitarbeiterin Jutta Lehmann (Marie Leuenberger), die dem Kindergarten das Essensgeld schuldig bleibt, aber mit ihrem Mann ein Haus bauen will und auch gerne an den Spielautomaten sitzt.
Dem ungleichen, sich so herrlich kabbelnden Duo Brand und Simmel hätte man zum Jubiläum – „Marie Brand und das Spiel mit dem Glück“ ist ihr 25. Fall – eine stärkere Geschichte gewünscht. Klar, das Milieu der Automaten-Casinos und professionellen und pathologischen Spieler ist sehr reizvoll. Timo Berndt, vielbeschäftigter Autor für TV-Krimireihen wie „Wilsberg“, „Ein starkes Team“, Friesland“, „Die Chefin“ oder „Die Toten vom Bodensee“, versucht, viele Facetten und die Folgen der Spielsucht sowie die Auswirkung auf leidende Angehörige und ohnmächtige Helfer aufzuzeigen. Er führt eine Welt vor, in der manipuliert und intrigiert wird, in der gescheiterte Existenzen und rücksichtslose Abzocker leben, in der es nur um Geld, Geld, Geld geht. Aber die verschiedenen Motive und „Spielarten“ der Glücksspielszene wirken hier arg aneinandergereiht und geben der Geschichte so keinen richtigen Fluss. Daraus hätte man mehr machen können. Auch in der Figurenzeichnung kann der Krimi nicht überzeugen. Die beiden Brüder, die Angestellte samt Mann, das Paar mit dem Lokal, der Knacki, der Abzocker mit bulliger Statur – sie alle bleiben eher blass, haben wenig Entfaltungsmöglichkeiten und schaffen es auch nicht, den Zuschauer emotional einzufangen.
So bleiben die beiden gewohnt lustvoll agierenden Hauptdarsteller Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann. Unter der Regie von Michael Zens („Bewegte Männer“), der auch schon die beiden „Marie Brand“-Episoden „Das ewige Wettrennen“ und „Der Duft des Todes“ in Szene gesetzt hat, dürfen sie sich die Bälle munter zuspielen in dem ansonsten zähen Krimi. Sie, schlau, aber etwas spröde, er, zupackend, aber etwas verpeilt – so ergänzen sich die beiden seit mehr als zehn Jahren als Team sehr gut. Und es ist der trockene Witz, mit dem die beiden die eher spannungsarme Story auffrischen. Dazu trägt auch die kleine Rahmengeschichte bei. Simmel will mehr verdienen, die Brand versucht bei Dr. Engler (Thomas Heinze) mehr für ihn rauszuholen, der sieht als einzige Möglichkeit, Simmel zu befördern und „auf dem Papier“ zu Marie Brands Chef zu machen. Das bietet Raum für nette kleine Scharmützel, wenn sie ihren „Vorgesetzten“ in die Pflicht nimmt, er damit aber so gar nicht klar kommt. Da hat „Marie Brand und das Spiel mit dem Glück“ seine stärksten Momente, ansonsten ist die Jubiläumsfolge eher schleppend und unentschlossen. Neues Spiel, neues Glück – vielleicht wird ja der 26. Fall wieder griffiger. (Text-Stand: 4.4.2019)