München Grill

Neubauer, Eixenberger, Camp, Franz Xaver Bogner: Zurück zu den Wurzeln

Foto: BR / Mecom / Reisp
Foto Volker Bergmeister

„Monis Grill“ war gestern, „München Grill“ (BR / Mecom Fiction) ist heute. Franz Xaver Bogner hat seine vor zwei Jahren im Ersten gefloppte Serie runderneut & sich vom störenden Personality-Talk getrennt. In seiner neuen 6teiligen Komödienserie setzt er wieder auf kleine, feine Alltagsgeschichten, liebevoll inszeniert und mit viel Wortwitz ausgestattet. Von der ARD geht es zurück ins Bayerische Fernsehen, so kann Bogner wieder thematisch regionaler und mit mehr Dialekt arbeiten. Ein neues Gesicht gibt es im Lokal am Viktualienmarkt auch: Christine Eixenberger ist die neue Geschäftsführerin – sympathisch, frisch, frech.

Zwei Jahre ist es her, da eröffnete Franz Xaver Bogner „Monis Grill“ in der ARD. Es war ein Mix aus Talk und fiktionaler Serie. „Personality-Plauderei trifft Münchner Geschichten“ hieß es auf tittelbach.tv. Ein Experiment. Und es misslang. Denn die beiden Elemente fanden keine Bindung zueinander. Bogner, Macher der kultigen 68er-Serie „Irgendwie und sowieso“, der Liebeserklärung ans Münchner Schlachthofviertel „Zur Freiheit“ und der preisgekrönten Polizeiserie „München 7“, hat darauf reagiert und sein Serienlokal „renoviert“. Rausgeflogen ist der Talk-Part, geblieben ist das, was der bayerische Autor und Regisseur beherrscht wie kaum ein anderer: Kleine, feine fiktionale Alltagsgeschichten.

Mit dem neuen Konzept gibt es auch einen neuen Titel: „München Grill“. Der Schauplatz ist geblieben: das Lokal am Viktualienmarkt. Doch personell hat sich etwas geändert. Die ehemalige Namensgeberin Moni ist weg, Fanny (Christine Eixenberger) ist da. Sie ist die neue Geschäftsführerin, Ende 20, kommt vom Land nahe Schliersee und ist dort gerade erst mit einem Lokal gescheitert. Ihren Job verdankt sie dem schmierigen Brauerei-Vertreter Filbinger (Francis Fulton-Smith), der sehr vereinnahmend ist und ein Auge auf sie geworfen hat. Toni Schweiger (Christine Neubauer) kann sich gegen die Entscheidung nicht wehren. Denn der Vertrag mit der Brauerei lief bisher auf Tonis Schwester Moni. Und die ist „stiften gegangen“, wie Toni es nennt. Sie ist mit einem Mann abgehauen, keiner weiß, wo sie steckt. So muss sich Toni im Lokal mit der Neuen arrangieren. Die Wirtsstube ist Fannys Reich, in der Küche hat weiter Toni das Sagen. „Das einzige Gemeinsame zwischen uns ist die Farbwahl der Toiletten“, bringt Fanny das Verhältnis der beiden auf den Punkt. Dritte im Bunde ist Christa (Sarah Camp), Tonis Mutter, die für die Buchhaltung zuständig ist. Ihr Büro befindet sich in der Wohnung direkt über der Wirtschaft. Dort ist Christa auch immer wieder in ihrer Funktion als Oma von Tonis Tochter Consuela (Hannah Schiller) und Adoptivsohn Hermes (Philipp Franck) gefragt. Die beiden haben ständig Flausen im Kopf. Einmal sucht Hermes seinen unbekannten Vater und hackt sich in den Server des Vormundschaftsgerichts, was die Polizei auf den Plan ruft. Fanny kommentiert das trocken mit „Der hat mal die ganz große Karriere vor sich“ und hilft ihm aus der Patsche. Manches spielt in der Wohnung, doch meist sind das Lokal und die Küche Schauplatz. In der ersten Folge wird noch renoviert, später eröffnet und es folgt so manche Überraschung – wie ein Stromausfall bei laufendem Betrieb.

Das ist Bogners Stärke: Kleine fiktionale Geschichten mit Bodenhaftung und unter konsequenter Beibehaltung des bayerischen Dialekts. So ist er auch aus dem Ersten ins Bayerische Fernsehen zurückgekehrt, wo er mit regionalen Themen (wenn es um das S-Bahn-Einzugsgebiet geht) und Befindlichkeiten spielen kann. Vieles wirkt dadurch freier und unverkrampfter. Auch wenn „München Grill“ nicht an die Qualität seiner legendären Serien heranreicht, Bogner kann wieder gewitzt auf den Alltag blicken, Traditionelles und Modernes verbinden, den Leuten „aufs Maul schauen“, wie man in Bayern sagt. Doch so ganz hat er seinen Promi-Talk aus „Monis Grill“ in der neuen Produktion nicht entfernt, er hat ihn nur besser in das Serienkonzept eingebettet. Denn prominente Münchner besuchen in jeder Folge das Lokal, sind in die Handlung und das Leben von Fanny und der Familie Schweiger eingebunden. Zum Auftakt schaut der bayerische Kabarettist Christian Springer vorbei, es folgen Marianne Sägebrecht, Andreas Giebel, Uschi Glas, Max Schmidt (Schauspieler) und Sigi Zimmerschied (Kabarettist). Und noch ein in und um München bekanntes Gesicht tummelt sich im Lokal: Pfarrer Rainer Maria Schießler, über den die Schweigers sagen: „Der ersetzt bei uns daheim das fehlende Mannsbild“. Fanny begrüßt ihn schnippisch mit dem Worten: „Da hat die letzte Instanz wenigstens ein Gesicht.“ Die bayerischen Größen schlüpfen in keine Rolle, sie spielen sich selbst. Die Dialoge werden – im Gegensatz zum Vorläufer – auch nicht mehr improvisiert, sondern wurden gescriptet und am Set wurde nur wenig improvisiert. Die Gast-Auftritte sind von unterschiedlicher Qualität: Andreas Giebel (Folge 3) beispielsweise fügt sich wunderbar in das Konzept ein, wenn er in sich ruhend im Lokal sitzt, sein Gulasch isst, das er als „Gulasch plus“ bestellt, was soviel heißt wie Gulasch und eine halbe Bier, und über Männer und Frauen und die Liebe im Allgemeinen philosophiert.

München GrillFoto: BR / Mecom / Reisp
Die gute Fanny (Christine Eixenberger) hilft der Familie Schweiger aus der Patsche.

Bei „Out of Rosenheim“-Marianne Sägebrecht, die von ihren Filmen mit Percy Adlon erzählt, oder „Zur Sache, Schätzchen“-Uschi Glas, die ihre Kindheitserlebnisse mit Mäusen zum besten gibt, wirken die Gastauftritte hingegen hölzern und ungelenk, sie kommen mit dieser Form nicht so zurecht. Aber Bogner ist ein alter Fuchs, weiß mit welchen Gesichtern er seine Serie in bayerischen Gefilden ein Stück attraktiver machen kann. Das gilt auch für die Neue im bekannten Ensemble von Christine Neubauer über Sarah Camp bis Thiendou Isaak Cissé, dem bayerisch sprechenden Afrikaner. Die Rede ist von Christine Eixenberger. Die wollte mal Lehrerin werden, machte dann über ihren Beruf, den sie nicht ausgeübt hat, ein Kabarett-Programm und landete so beim Fernsehen. Der BR holte sie als Moderatorin einer Show („Habe die Ehre“), dann besetzte sie das ZDF für eine neue „Herzkino“-Reihe am Sonntag („Marie fängt Feuer“). Und jetzt hat Franz Xaver Bogner, der schon manches Gesicht populär gemacht hat, sie zur Hauptfigur erkoren. Diese Fanny ist als Gegenpart zu Toni angelegt, nimmt auch kein Blatt vor den Mund, liefert sich witzige Wortduelle, ist sympathisch, frech und frisch. Ein guter Griff. Drumherum fährt Bogner wieder Schlitzohren (der Filbinger), Verlierer (Fannys Ex-Freund, der mit dem Bulldog vors Lokal fährt), Lebenskünstler (von Springer bis Giebel) und Bürokraten (wie die beiden Kommissare, die Hermes wegen seiner Internet-Aktivitäten befragen) auf, erzählt kleine Geschichten, mit liebevollem Blick fürs Detail und die Charaktere. Und er setzt weiter auf Frauenpower – mit Eixenberger, Neubauer und Camp. Fazit: Die Renovierung ist geglückt, der typische Bogner-Style ist wieder da, und durch die rein fiktionale Form gibt es deutlich mehr Erzählfluss. (Text-Stand: 31.3.2018)

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Serie & Mehrteiler

BR

Mit Christine Eixenberger, Christine Neubauer, Sarah Camp, Hannah Schiller, Philipp Franck, Thiendou Isaak Cissé, Francis Fulton-Smith, Franz Xaver Brückner, Rainer Maria Schießler sowie (als Gäste) Christian Springer, Andreas Giebel, Marianne Sägebrecht

Kamera: Theo Müller und Volker Tittel

Szenenbild: Martin Schreiber

Schnitt: Monika Lutz

Redaktion: Elmar Jaeger

Produktionsfirma: mecom fiction

Produktion: Heike Richter-Karst

Drehbuch: Franz Xaver Bogner

Regie: Franz Xaver Bogner

EA: 20.04.2018 20:15 Uhr | BR

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