Polizeiruf 110 – Der Preis der Freiheit

Maria Simon, Lucas Gregorowicz, Stephan Rick. Uninspirierte Story – nur die Bilder fließen

Foto: RBB / Christoph Assmann
Foto Volker Bergmeister

Zweiter Einsatz für das deutsch-polnische Ermittler-Duo Olga Lenski und Adam Raczek im Grenzgebiet. Eine wenig originelle Autoschiebergeschichte, zu viele Themen und ein Ermittler-Duo, das (noch) nicht so recht zusammen passen will, bietet der neue “Polizeiruf 110 – Der Preis der Freiheit“ des RBB. Zu schnell ahnt man, um was es in Wahrheit hier geht. Schade, denn aus der erzählerisch spannenden Region des deutsch-polnischen Grenzbereichs wäre mehr herauszuholen, auch wenn Stephan Ricks Inszenierung die Atmosphäre und Lebenssituation der Menschen in diesem Landstrich ansprechend einfängt.

Eine polnische Wachtmeisterin ist tot. Eigentlich war sie mit ihrem Brandenburgischen Kollegen Udo Lehde (Oliver Bröcker) auf Zivilstreife unterwegs. Als sie einen mutmaßlichen Autoschieber im Alleingang stellen will, prallt ihr Auto auf einen fetten SUV, dessen Fahrer zuvor eine Vollbremsung eingeleitet hatte. Der flieht nach dem Crash. Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) suchen den Mann fieberhaft und stellen sich die Frage: Warum ist die Frau ihm allein gefolgt, wo war Lehde, ihr Streifenführer? Und warum hält der einzige Zeuge, Lutz Piatkowski (Thomas Loibl), Chef einer örtlichen Bürgerwehr, Informationen zurück, die bei der Ergreifung des Täters helfen könnten?

Im „Polizeiruf 110 – Der Preis der Freiheit“ hat Maria Simon als Olga Lenski immer noch damit zu kämpfen, dass ihr langjähriger Ermittlungspartner Horst Krause ausgestiegen ist. Die beiden ergänzten sich gut, waren dabei so unterschiedliche, aber markante Typen, das brachte Spannung und Witz. Die Lücke kann Lucas Gregorowicz als Adam Raczek nicht schließen. Da fehlt die Bindung. Die zwei laufen nur nebeneinander her, warum sie so interagieren – das  muss man sich selbst zusammen reimen. Klar, die Konstellation, im Grenzgebiet zwei Kommissare aus benachbarten Ländern ermitteln zu lassen, ist reizvoll. Wenn verschiedene Mentalitäten und Denkweisen aufeinanderprallen, dann gibt das viele Spielmöglichkeiten. Aber ähnlich wie beim Bodensee-“Tatort“, wo Klara Blum auch schon in einigen Folgen mit oder gegen ihren Schweizer Kollegen ermittelt hat, will das nicht so recht funktionieren. Woran liegt es wohl? Die beiden Charaktere haben zu wenig Reibungsflächen in den neunzig Minuten. Olga Lenski hat ihre (alleinerziehende) Mutterrolle, die langsam nervt. Adam Raczek gibt den kühl-schroffen Kollegen, leider nicht viel mehr. Das deutsch-polnische Verhältnis der Mordkommission in Swiecko bei Frankfurt/Oder wird eher durch kleine Sticheleien auf Mitarbeiterebene abgehandelt. Und das leidlich witzig und in den Dialogen eher bieder. Wer den Harzer Käse an den Hund verfüttert hat – bitte, wer soll darüber schmunzeln?

Eine spannende Region ist hier im RBB-“Polizeiruf“ Schauplatz. Doch der wird einfach zu wenig genutzt. Grenzkriminalität ist ein brisantes Thema, bietet viele Facetten und Optionen.  Doch Autor Michael Vershinin setzt auf eine Autoschiebergeschichte, die auch noch sehr vorhersehbar rüberkommt. Zudem muss Dienststellenleiter Pawlak (Robert Gonera) der Vater des Opfers sein und betroffen durch die Szenerie stolpern. Und der böse Strippenzieher im Hintergrund, geschäftlich brutal und rücksichtslos, gibt den braven und fürsorglichen Vater. Dabei hat der Krimi auch herrlich kantige und knorrige Figuren zu bieten – wie Annemarie, die Mutter des Bürgerwehranführers Lutz oder den Streifenführer Udo Lehde. Marie Anne Fliegel und Oliver Bröcker spielen diese Charaktere präzise und prägnant. Es sind Menschen, deren Vergangenheit ihr gegenwärtiges Handeln lenkt. Und die in diese Landschaft passen.

Polizeiruf 110 – Der Preis der FreiheitFoto: RBB / Christoph Assmann
Die Sicherheitspolizei hilft bei der Großfahndung. Lucas Gregorowicz & Thomas Loibl in „Polizeiruf – Der Preis der Freiheit“

Keine blühende Landschaft ist hier entstanden. Nein,sie ist karg und trist. Grau dominiert, die Gebäude sind alt und marode, die Menschen enttäuscht, gezeichnet, hart, kantig. Regisseur Stephan Rick („Unter Nachbarn“) spielt mit dieser Landschaft und das macht diesen Krimi bei allen Schwächen des Buches und mancher Figuren dann doch sehenswert. Er zeigt eindringliche Bilder (Kamera: Stefan Unterberger), bietet lange Einstellungen der Weite der Landschaft, setzt die alten Häuser und verfallenen Fabriken gut in Szene. Und er dosiert klug das Tempo. Der Krimi fließt im Takt der Landschaft dahin. Keine wilden Verfolgungsjagden im Großstadtdschungel, selbst Eile geht hier anders. Alles ist entschleunigt.

Viele Themen packt Michael Vershinin in seinen „Polizeirruf 110 – Der Preis der Freiheit“, doch nicht immer gelingt ist es ihm, diese geschickt miteinander zu verweben. Die Bürgerwehr wirkt wie Staffage, ist ganz auf die Figur des Lutz zugeschnitten. Ein anderes, sehr brisantes Thema hingegen baut der Autor überraschend und pfiffig in die Story ein. Es geht um Laser-Pointer und was man mit ihnen auslösen kann. (Text-Stand: 21.3.2016)

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Reihe

rbb

Mit Maria Simon, Lukas Gregorowicz, Oliver Bröcker, Thomas Loibl, Enno Trebs, Marie Anne Fliegel, Robert Gonera, Klaudiusz Kaufmann, Fritz Roth, Katharina Bellena, Jevgenij Sitochin

Kamera: Stefan Unterberger

Szenenbild: Gabriele Wolff

Schnitt: Dan Loghin

Produktionsfirma: Real Film

Drehbuch: Michael Vershinin

Regie: Stephan Rick

Quote: 7,59 Mio. Zuschauer (21,1% MA)

EA: 17.04.2016 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach