„Der Mörder ist die Leiche“, sagt der Grazer Chefermittler Sascha Bergmann (Hary Prinz). Denn der Tod des Bergbauern Johann Hödlgruber (Helmut Berger) scheint eindeutig ein Suizid im Vollrausch gewesen zu sein. Und so verbindet Sascha das Dienstliche mit dem Privaten und hängt mit Kollegin Eva Merz (Eva Herzig) noch ein kleines, feines Romantikwochenende im Wellnesshotel dran. Doch dann untersucht das „Gspusi von der Spusi“ die Leiche („mein Bauchgefühl sagt: Staatsanwalt anrufen“) und entdeckt ein paar Indizien, die eher auf Mord schließen lassen. Und so informiert Sascha seine Partnerin Sandra Mohr (Miriam Stein), die Überstunden abbaut und mit ihrem Lover (Johannes Nussbaum) in der Kletterhalle kraxelt. Jetzt wird vor der malerischen Kulisse des Oststeirischen Hügellandes ermittelt. Bald schon ist klar: Es gibt mehr Verdächtige als Trauernde. Denn viele Freunde hatte das Opfer nicht. Hödlgruber blockierte ein Golfplatzprojekt eines Hoteliers, lag im erbitterten Streit mit einem Bergbauern um ein paar Meter Ackerland, bekämpfte die Alpakazucht seiner Nachbarin Lotte (Brigitte Hobmeier), die mit ihrem Helfer Fipsl (Peter Schneider) den Hof führt und hat seinen hasserfüllten Bruder (Branko Samarovksi) wohl beim Erbe über den Tisch gezogen. Und da ist als Verdächtiger auch noch sein Sohn Peter (Christoph Luser), der nun auf ein stattliches Erbe hoffen kann. Auf Hilfe von den örtlichen Polizeikollegen Fasching (Norman Hacker) und Leitner (Peter Windhofer) können die Kommissare nicht bauen, die sind zu sehr verbandelt mit der Bevölkerung. Behutsam, eher gemütlich – siehe Wellnessurlaub – ermittelt Sascha. Sandra hingegen geht den Fall sehr forsch an, zu forsch, denn bald schon wird sie angeschossen und landet im Krankenhaus.
Jeder kennt jeden in diesem Dorf in der oststeirischen Provinz. Da weiß jeder um die kleinen Schwächen und Sünden des anderen, muss der Betrunkene bei einer Polizeikontrolle nicht den Führerschein abgeben, sondern wird von den Beamten noch nach Hause gefahren. Reichlich Lokalkolorit gibt es wieder im neuen Fall der „Steirer“-Reihe mit Figuren aus den Krimis von Claudia Rossbacher. Wolfgang und Maria Murnberger haben erneut das Drehbuch verfasst, Wolfgang Murnberger („Kästner und der kleine Dienstag“) wie schon in den ersten drei Filmen der Reihe Regie geführt. Auch bei der Kamera setzt man auf Kontinuität: Die die imposante Landschaft klug mit einbeziehenden Bilder stammen von Peter von Haller. Herzstück der Reihe sind zwei Paare, die sich schwer tun, Paare zu sein: Sascha führt mit Eva eine „Es-ist-kompliziert“-Beziehung. Und Sandra hat mit Saschas Sohn Daniel ein On-off-Verhältnis. In „Steirerwut“ sind sie wieder alle vier vor Ort, Sandra kommentiert das herrlich trocken: „Man sollte eine ermittelnde Tatortgruppe noch von einem Familienausflug unterscheiden können“. Das Zwischenmenschliche ist ein wesentlicher Bestandteil der Fälle, die die Grazer in der Provinz zu lösen haben. Gerade weil die privaten Handlungsstränge der „Freundschaft plus“-Hauptfiguren zeitweise mehr Raum einnehmen als der Krimi-Plot, unterscheidet sich die „Steirer“-Reihe von herkömmlichen Krimis. Und private Konflikte bieten auch mehr Spielmöglichkeiten und sind für den Zuschauer äußerst unterhaltsam.
„Steirerwut“ ist ein geschickt konstruierter Krimi mit einem ungewöhnlichen, verzwickten Fall. Murnberger mixt Spannung mit Humor, braucht nicht viel Action, spielt mit seinen Figuren – vom Kauz bis zum Sturkopf – wie auf einem Schachbrett. Beinahe jeder ist verdächtig, alles hängt miteinander zusammen, jeder schuldet dem anderen irgendwas oder hat eine Rechnung mit ihm offen. Der Humor ist keine bloße Garnierung, er ergibt sich aus der Handlung oder aus der Tragik der Figuren, wirkt dabei stets leicht und eher beiläufig. So ist der vierte Fall von Sandra Mohr und Sascha Bergmann eine Tragikomödie über kleine Welten, Abhängigkeiten, alte Rechnungen und neue Wut. Und mit einer Entdeckung: Filmtiere gibt es ja viele, Alpakas vor der Kamera sind eher ungewöhnlich, da unhandlich und unkontrollierbar. „Filmtechnisch eine Katastrophe“, nennt Regisseur Murnberger das. „Ein Alpaka vor der Kamera stellt sich nur eine einzige Frage: ,Wo ist das andere Alpaka?‘. Und sein ganzes Bestreben zielt nur darauf hin, so schnell wie möglich sich zum anderen Alpaka zu gesellen. Die Wünsche des Filmteams sind dabei sowas von sekundär!“ Keine leichte Aufgabe auch für Brigitte Hobmeier, die als Alpakazüchterin Lotte in einer wunderbaren Mischung aus Bodenständigkeit und Geheimniskrämerei mit ihrem so natürlich anmutenden Spiel überzeugt. Um sie herum lauter kantige, kernige und kauzige Typen wie man sie in Austria-Produktionen kennt und liebt, selbst die Rolle des Opfers hat man mit Helmut Berger prominent besetzt.