Alles sieht nach Morden eines psychisch kranken Serientäters aus. Bei einer Wohnungs-Besichtigung entdeckt die Maklerin in einem leeren Objekt plötzlich eine ans Kreuz genagelte Männerleiche. Die Kommissare Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) stehen vor einem Rätsel, denn es gibt keine Spuren. Dann wird ein georgischer Mitarbeiter einer Großgärtnerei erhängt aufgefunden. Darunter sind wertvolle Taler im Wert von mehreren hundert Euro platziert. Und schließlich wird eine junge Mutter, aufgespießt am Bug einer Yacht, entdeckt. Alle Leichen wurden geschändet, spektakulär an ausgesuchten und belebten Orten zur Schau gestellt und es gibt keinerlei verwertbaren DNA-Spuren. Scheinbar stehen die drei Opfer, die allesamt unter falscher Identität in Wien lebten, auch in keinem Zusammenhang oder haben sich gekannt. Das ändert sich erst, als die Wiener Cops bei ihren Recherchen zu den Tätowierungen der ersten Leiche den auf Osteuropas Bürgerrechts-Bewegungen spezialisierten Universitätsprofessor Nenad Ljubić (Mišel Matičević) aufsuchen.
Um festzustellen, wer hinter den Morden steckt, wird den Kommissaren bald klar: Sie müssen nicht nach dem Täter suchen, sondern die Identität der Opfer klären. Und das führt sie in die Vergangenheit – zu drei Revolutionen in Serbien, Georgien und der Ukraine. Autor Mischa Zickler, langjähriger TV-Produzent & ehemaliger Sat-1-Unterhaltungschef, der die Bücher zu der sich im Dreh befindenden ORF-Dramedy „Walking on Sunshine“ geschrieben hat, geht in seinem ersten „Tatort“ in die Vollen. Eine düstere Polit-Story um Agenten, falsche Identitäten, Verrat und Umwälzungen in Südosteuropa bietet der „Tatort – Die Faust“. Der Titel steht dabei für die geballte Faust, die „als Symbol der Bewegung zum Identifikationszeichen der demokratisch orientierten Jugendlichen in Serbien“ gesehen wird. Und auch die Einflüsse des CIA, der Bewegungen in den angesprochenen Ländern unterstützt und beeinflusst hat, um die Regierungen dort zu destabilisieren, hat der Autor in seine fiktionale Krimihandlung integriert.
Regisseur Christopher Schier, der auch schon die ORF-Tatort-Folge „Wehrlos“ im vergangenen Jahr in Szene gesetzt hat, beginnt den Film mit einem Bilderbogen. Orte werden in schneller Bildfolge vorgestellt, Orte, die einem später im Verlauf der Geschichte wieder begegnen sollen. Und mit diesen Bildern endet der Film dann auch. Eine geschlossene Form, die auch optisch für eine „runde“ Geschichte steht. Dann beginnt die spektakulär inszenierte Ritualmordserie. Diese überrascht nicht, denn im Wien-“Tatort“ sind die Leichen stets besonders übel zugerichtet. In „Die Kunst des Krieges“ (2016) steckte das Opfer mit dem Kopf in einer Kommodenschublade, ihm fehlten beide Hände und die Zunge. In „Sternschnuppe“ (2015) wurde der getötete Musikmanager bei einem extremen Sexspiel stranguliert. Den Anfang machte 2000 eine Kreuzigung im Kirchen-Schocker „Passion“.
Meist zeichnen sich die Fälle mit Bibi Fellner und Moritz Eisner ja durch trockenen Witz und Wiener Schmäh aus. Davon ist diesmal kaum etwas zu sehen und zu hören. Selbst die kleine Nebengeschichte ist weit ernster als sonst, auch wenn es durchaus bissig beginnt. Bibi und Moritz lauschen der Rede ihres Vorgesetzten, Sektionschefs Dr. Ernst Rauter (Hubert Kramar), der bekannt gibt, dass die Mordkommission geteilt werden und deshalb ein zweiter Leiter neben Moritz für die MK2 installiert werden soll. Die beiden Ermittler machen sich einen Spaß daraus, auf einer Liste übliche Floskeln und Phrasen abzustreichen („zukunftsfähig fehlt noch!“). Doch danach geht es auch hier um Gleichberechtigung bei der Stellen-Besetzung, Rivalitäten und aufstrebende Kollegen. Bibi kommentiert das treffend: „Er erfüllt alle Kriterien von einer Polizeikarriere: keine Ahnung, keine Skrupel, keine Titten.“ Auch Fredo (Thomas Stipsits), der sonst durch sein Handeln für die eine oder andere Pointe sorgen darf, ist dieses Mal sehr zurückgenommen. Schließlich geht es um einen krassen Fall, der durchaus konsequent erzählt wird und voll überraschender Wendungen steckt. Spannung hat der Krimi zu bieten. Aber man hat sich im Lauf der Zeit an den ironischen Grundton der Kommissare gewöhnt. Ist der so reduziert wie im „Tatort – Die Faust“, dann fehlt einfach was. Und so steht (oder besser: sitzt) man am Ende – wenn der Film in einem fein-bösen Lächeln gipfelt – etwas enttäuscht da, weil der Krimi ein wenig zu viel will, die Geschichte überfrachtet und bei aller Dramatik es als Kontrast an diesem superben, trockenen Witz mangelt, der dem Wiener „Tatort“ schon so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. (Text-Stand: 21.12.2017)