Es beginnt mit einem verschwundenen Kind: Fiona, 7, wird vermisst. Die Bremer Kommissare Inga Lürsen (Postel) und Stedefreund (Mommsen) sind sich sicher, dass sie ermordet wurde. Sie nehmen den Vater des Mädchens fest, der sich daraufhin in der Zelle selbst tötet. Fionas Mutter (Schmeide) erhebt schwere Vorwürfe gegen Inga Lürsen, gibt ihr die Schuld am Tod ihres Mannes. Dann der Sprung in die Gegenwart. Zehn Jahre sind vergangen, als eine junge Frau (Kohlhof) auftaucht. Sie behauptet, Fiona zu sein. Ihre Familie ist happy, die Tochter und Schwester wieder in die Arme schließen zu können. Aber die Kommissare haben Zweifel, ahnen, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Sie machen sich auf die Suche nach dem Pärchen, das das Mädchen damals angeblich gekidnappt hat, mit dem Wohnmobil durch Europa gereist ist und die Kleine an Freunde und Bekannte verkauft hat.
Es geht um verletzte, falsche und unterdrückte Gefühle in dem „Tatort – Die Wiederkehr“, der in erster Linie ein Familiendrama ist. Florian Baxmeyer und die Autoren verzichtetn auf die klassische Krimi-Dramaturgie, sie erzählen die abgründige Geschichte des Mädchens, das in die Hände vermeintlicher Kinderschänder gefallen ist, aus der subtilen, tragischen Verbindung der Figuren miteinander. Der Radio Bremen „Tatort“-Haus-Regisseur (es ist sein 9. „Tatort“ für den kleinen Sender) setzt auf klare Bildsprache und hohe Emotionalität. Die Kamera ist der Erzähler, sie blickt mitfühlend auf die Charaktere. Es geht neben dem Drama einer zerbrochenen Familie auch um eine Kommissarin, die von einem Fall aus der Vergangenheit eingeholt, mit einer neuen Situation konfrontiert wird und sich plötzlich schuldig fühlt, damals bei den Ermittlungen und vor allem bei dem Verhör des Vaters, einen Fehler gemacht zu haben. So kämpft Inga Lürsen in ihrem 31. Fall auch um ihren Ruf. Für die Kommissarin wird es eine Gratwanderung zwischen Pflichterfüllung und schlechtem Gewissen. Sie lässt sich von dem Gefühl leiten, dass etwas nicht stimmt mit der Vergangenheit des Mädchens.
Die Charaktere und ihre Beziehung zueinander stehen in diesem „Tatort“ im Mittelpunkt. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der ausdrucksstarken Gabriela Maria Schmeide als Witwe Silke Althoff zu. Sie ist eine getriebene Frau zwischen Trauer, Freude (über die Rückkehr der Tochter) und Hass auf Inga Lürsen. Bald wird aus der getriebenen eine durchtriebene Frau. Die zweite starke Rolle hat Gro Swantje Kohlhof inne. Sie ist das traumatisierte Mädchen, das wild um sich schlägt und hin und her pendelt zwischen manipulativ und berechnend sowie Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Eine große Herausforderung für die junge Mimin, wie sie selbst erkennt: „Im Laufe von Dreharbeiten gibt es ab und zu Momente, in denen man nicht mehr sicher ist, ob das, was man spielt. Ich habe manchmal Angst, die Richtung der Figur zu verlieren, und wenn einem dann irgendein Satz nicht so über die Lippen kommen will, wie man sich das wünscht, kann mich das wirklich verunsichern.“ Und dann ist da noch eine weitere wichtige Frauenfigur: Kathrin Althoff, Fionas ältere Schwester. Sie deckt das Geheimnis um das Mädchen auf, treibt unfreiwillig die Familie in den Abgrund. Amelie Kiefer spielt diese hin- und hergerissene Frau mit viel Feingefühl und sehr zurückgenommen.
Dicht und psychologisch ausgeklügelt hat Florian Baxmeyer den „Tatort – Die Wiederkehr “ inszeniert. Die wichtigsten Rollen sind stimmig besetzt. Die offensichtlichen Schwächen liegen im Buch. Die Autoren Matthias Tuchmann und Stefanie Veith verfolgen zwar einen durchaus interessanten und erfrischenden Ansatz, haben ihre Geschichte aber deutlich überkonstruiert. Das Motiv des Mädchens, sich in Familien einzuschleichen, ist kaum nachzuvollziehen und wird im Lauf der Handlung auch nicht näher belegt. Und der „böse Bube“ an ihrer Seite – Klaas (Tilman Strauß) – ist eine Figur, die gehörig missraten ist.