„Klaus‘ Haus“ ist ein Jugendhaus an einer der vernachlässigteren Ecken Stuttgarts, in dem man sich um Heranwachsende aus schwierigen sozialen Verhältnissen kümmert. Als einer der dortigen Sozialarbeiter brutal ermordet wird, ermitteln Lannert und Bootz in der privaten Einrichtung, die von dem undurchsichtigen Kunstsammler und Millionenerben Frank Schöllhammer (Patrick von Blume) getragen wird. Schnell stoßen die Schwaben-Cops auf das Sarah Baumbach (Ruby O. Fee), frühreif, aufmüpfig, aus einer kriminellen Familie und emsige Besucherin des Jugendtreffs. Sarah gerät unter Verdacht und legt bald schon ein Geständnis ab. Doch es stellt sich heraus, dass sie noch keine 14 und deshalb strafunmündig ist. Aber ist sie wirklich die Täterin? Oder deckt sie Jemanden? Die Kommissare entdecken, dass Schöllhammer die für das Jugendhaus bestimmten Stiftungsgelder in andere Bahnen lenkt. Und welche Rolle spielen der engagierte Jugendhaus-Leiter Sven Vogel sowie Sarahs Bruder, der wegen anderer Delikte untergetaucht ist? Ein kniffliger Fall für Lannert und Bootz.
Familie und die Sehnsucht von Kindern nach dem guten Leben ist das Thema dieses Krimis, der mehr ist als eine reine Mörderjagd am Neckar. Ein Mädchen sucht Wärme, Anerkennung und Schutz. Ihre zerrüttete Familie kann ihr das nicht geben. Das Mädchen flieht vor ihrer Kindheit, reagiert mit Rotzigkeit und Aggression. Die Musik ist ihr Kokon, die Kopfhörer geben ihr Schutz vor der grauen Wirklichkeit. Oliver Kienle erzählt die Gefühlslage des Mädchens sehr viel über die Musik, die Sarah hört. Und da ist noch eine Familie, die am Ende ist und in der der Vater zweier Kinder um die Aufrechterhaltung der heilen Welt kämpft. Kommissar Bootz, in der letzten „Tatort“-Folge von seiner Frau verlassen, kümmert sich um seinen beiden Kinder, ist dabei als Berufstätiger überfordert, auch diese Kinder suchen – in einer anderen sozialen Wirklichkeit – Liebe und Schutz. Wolfgang Stauch („Unter Verdacht“) erzählt geschickt die private Situation des Kommissars parallel zur Hauptstory weiter.
Früh steht die Täterin fest, nach nicht mal einem Drittel des Krimis gibt es ein Geständnis. Dann die Überraschung: Sie wird erst in ein paar Tagen 14, ist so strafunmündig. Ruby O. Fee, 17 Jahre alt, spielt diese prollig-rotzige Sarah ausdrucksstark, nie wirkt das aufgesetzt oder klischeebehaftet, Regisseur Kienle führt sie behutsam durch die 90 Minuten. Auch in den Szenen ohne Worte vermittelt die junge Mimin viel vom Innenleben ihrer Figur.
„Der Regisseur und ich haben darüber geredet, wie Sarah so ist. Das hat mir geholfen, Klarheit zu finden. Er konnte das alles richtig gut erklären. Dabei hat er mir extrem viel Freiraum gegeben, ich konnte sehr viel selbst machen. Oliver Kienle ist als Regisseur so frisch und mitreißend.“ (Ruby O. Fee)
Der neue Stuttgart-„Tatort: Happy Birthday, Sarah“ um einen ermordeten Sozialarbeiter, ein Stuttgarter Jugendhaus, den Traum einer Heranwachsenden von einem besseren Leben und das Zusammentreffen zweier Welten – der wohlsituierten Stuttgarter Halbhöhe, in der der Mäzen lebt, und dem sozialen Brennpunkt, in dem Sarah aufwächst – ist ein sehenswerter Milieu-Krimi, bietet gute Bilder (Kamera: Jürgen Carle), starke Tempowechsel, ist mal laut und schnell, mal ruhig und intensiv. Lokalen Bezug ins Schwabenländle gibt es nur an einer Stelle – ein netter Spaß, wie der Kampfhund eines der Verdächtigen auf den Befehl „Halöle“ reagiert. Und noch ein richtig schöner Satz des Autors Wolfgang Stauch soll hier schon mal verraten werden: „Handy-Ortung ist bei CSI sowas wie die Rolle vorwärts beim Kunstturnen“.