Ein Obdachloser bricht vor den Augen von Ballauf und Schenk zusammen. Dem Wein, den der junge Mann vor seinem Tod getrunken hatte, war Frostschutzmittel beigemischt. Ein Verdächtiger ist abgetaucht. Die Kommissare werden derweil von „Beethoven“, einem kulturbeflissenen Nichtsesshaften, in die Kölner Szene eingeführt. Als ein zweiter Mord im Milieu passiert, herrscht Ratlosigkeit. Ist hier etwa ein Serienmörder zu Gange, der es auf Obdachlose abgesehen hat? Oder ist der zweite Mord das Werk eines Trittbrettfahrers? Ein Ex-Kollege von Schenk, der wegen Alkoholproblemen vom Dienst suspendiert wurde und als Privatdetektiv arbeitet, reagiert seltsam auf den zweiten Toten. Auch seine Auftraggeberin, eine Anwältin, steckt in Schwierigkeiten. Und „Beethoven“ hat auch ein dunkles Geheimnis.
Der Beginn samt einem eleganten Eingangschwenk ist viel versprechend. Frontal schaut man in ein lebloses Gesicht eines Mannes. Ein letztes Zucken, dann kippt er von der Bank. Was folgt, ist das immergleiche Spiel zwischen Freddy Schenk und Max Ballauf. Der eine stellt etwas fest, der andere pariert politisch korrekt. „Als ich im Polizeidienst angefangen habe, da gab es so einen Laden wie diesen noch nicht“, fällt dem Dicken zur so genannten „Überlebensstation“ ein. „Damals war das soziale Netz auch noch ein bisschen enger gestrickt“, beendet Ballauf den Gedanken. Alle – allen voran der kahlköpfige Gerichtsmedizi-
ner – sprechen gepflegt, mit wohl gesetzten Worten. Wenigstens Stadtcowboy „Django“ lallt.
Regisseur Buddy Giovinazzo hat einige hübsche Inszenierungsideen auf Lager. Während eines Gesprächs zwischen Ballauf und einem Schönheitschirurgen schneidet er auf Jugendstil-Figuren – was die Befragungsszene auflockert und zugleich auf die Homosexualität des Arztes anspielt. Auch Udo Kier macht sich recht gut als millionenschwerer Obdachloser. Reichlich albern ist dagegen das dreifache Rekurrieren auf Ballaufs Nase: der Chirurg würde ihr gerne einen Schnitt verpassen. Zwischendurch darf sich Ballauf die Beine vertreten, während Schenk per Fahrrad eine Verfolgung aufnimmt. Die Logistik der beiden Morde wird irgendwann aus dem Hut gezaubert. Und weil das alles nicht reicht, um die 86 Minuten zu füllen, geben die kölschen Lokalmatadoren „Höhner“ am Ende noch ein musikalisches Gastspiel. Wer den letzten, sehr viel gelungeneren Köln-„Tatort: Mit ruhiger Hand“ gesehen hat, könnte vermuten, dass der WDR den Themen-Schwerpunkt „Alkoholismus“ ausgegeben hat. Trotz eines Kevin Kölsch im Film ist es in Köln mit der Devise „Trink noch eene mit“ offenbar längst vorbei. (Text-Stand: 4.10.2009)