Man kann sich fast bildlich vorstellen, welchen Spaß Matthias Keilich und Khyana el Bitar beim Schreiben des Drehbuchs zum „Wilsberg“-Krimi „Doktorspiele“ gehabt haben müssen. Das Duo hat sich vor drei Jahren die schräge Komödie „Die Könige der Nutzholzgewinnung“ ausgedacht und setzt nun noch einen drauf. Die Filme über den unkonventionellen Privatdetektiv aus Münster sind ja bekannt für ihre ausgezeichneten Drehbücher, aber in der Vorlage von Keilich und el Bitar wimmelt es nur so von Anspielungen und Zitaten. Mit krimigeschultem Blick fürs Detail ahnt man zum Beispiel gleich, dass Wilsberg nicht zufällig Edgar Allan Poes Buch „Der entwendete Brief“ in die Hände fällt, und tatsächlich bringt die Auflösung der Detektivgeschichte auch Wilsberg am Ende auf die entscheidende Idee.
In erster Linie aber ist „Doktorspiele“ ein ausgezeichneter und höchst verzwickter Krimi, der Verdächtige zuhauf zu bieten hat. Wilsberg ist diesmal sogar Zeuge des Mordes: Die Frau (Elena Uhlig) von Germanistikprofessor Kaiser verdächtigt ihren Gatten der Untreue und hat den Detektiv gebeten, ihn zu überwachen. Vor Wilsbergs Augen wird der Mann erschossen, mitten im Seitensprung. Rasch zeigt sich, dass viele Menschen alles andere als traurig über den Verlust sind: Einem Kollegen (Helmut Berger) hat er den Posten als Fachbereichsleiter weggeschnappt, einen Mitarbeiter an einem Fachbuch brachte er um die Meriten, eine Germanistin nötigte er mit der Aussicht auf eine Doktorandenstelle zu sexuellen Gefälligkeiten.
Bloß Frau Kaiser steht nicht auf Wilsbergs Liste, dafür mag er sie viel zu sehr, selbst wenn sie die klassische Witwe mit Motiv. Doch je stärker sich Wilsberg mit dem Fachbereich Germanistik beschäftigt, um so offenkundiger werden die Motive der Kollegen, zumal sie alle etwas zu verbergen haben. Varnholt zum Beispiel war vor über 20 Jahren unter anderem Namen ein Klient Wilsbergs und ein RAF-Mitläufer. Als die Spur des Falls dann auch noch in die DDR führt, erreicht die Geschichte eine Komplexität, die fast den Rahmen sprengt.
Ebenso viel Spaß machen die spielerischen Details, etwa der Angriff durch ein Doppeldecker-Modellflugzeug, eine Verbeugung vor Alfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“; oder der heftige Flirt von Ecki (Oliver Korittke), der „undercover“ auf dem Campus ermittelt und sich in die schöne Studentin Ramona verguckt (Sylta Fee Wegmann). Und dann sind da noch die herrlichen Auftritte von Janowskys Overbeck, dem Mitarbeiter der Kommissarin, der zu oft „CSI Miami“ gesehen hat; ganz zu schweigen vom Gebrauch der Münsteraner Gaunersprache Masematte, die mehrfach für Verblüffung sorgt.