Kann man nach dem, was man im Krieg erlebt hat, wieder zurück ins normale Leben finden? Dejan, Bosnier, Mitte 20, seit mehreren Jahren in Deutschland, hat Probleme damit. Immer wieder holen ihn die grausamen Bilder des jugoslawischen Bürgerkriegs ein. “Es ist ein Dämon, es hört nie auf, nie”, schreit er die erinnerte Angst vor Scharfschützen aus sich heraus. Doch vor allem sind es die Tagträume, in denen plötzlich seine alten Kumpels neben ihm stehen, die ihn seelisch zermürben. Um zu vergessen helfen dem Bosnier nur viel Bier oder ein Joint. In einem solchen Zustand läuft er eines Nachts ins Auto der 19-jährigen Anna. Die ist fasziniert von diesem traurigen, südländischen Mann, der so zärtlich lächeln kann. Sie lächelt zurück. Sie kommen sich näher, reden, flirten, doch immer wieder rastet Dejan aus.
“Yugotrip” ist ein Migranten-Drama, das sich weniger mit dem Leben in der Fremde auseinandersetzt, als vielmehr mit den Gespenstern der Vergangenheit. Anfangs geben subjektive Rückblenden-Flashs Einblicke in die Erfahrungen aus dem Balkankrieg. Immer wieder mischen sich Maschinengewehrsalven in den Soundtrack des gegenwärtigen Lebens. Die Wahrnehmung spielt verrückt. Wie ein Film läuft das Leben ab. Mal in Zeitlupe, mal rasend schnell. Die Filmemacherin Nadya Derada und Kameramann Benjamin Dernbecher haben eindrucksvolle Bilder für diesen Ausnahmezustand der Sinne gefunden. In deren Zentrum steht Dejan, der junge Mann mit dem alten Gesicht, der in diesem Krieg offenbar nicht nur Opfer war, sondern auch Täter. Gerade diese Schuld ist es, die ihn verzweifeln lässt. Dejan ist unfähig, Anna zärtlich zu berühren. Selbst in intimen Situationen hat er die sexistischen Sprüche der Freunde im Ohr, und reagiert aggressiv.
Nadya Derado, die 37-jährige Tochter eines jugoslawischen Emigranten, ist in Deutschland aufgewachsen, hat das Grauen des Krieges aber dennoch miterlebt. 1992 besuchte sie Dubrovnik, 1996 fuhr sie das erste Mal nach Bosnien. “Das Bild, das sich mir bot, ließ mich das Grauen des Krieges spüren”, sagt sie. “Jeder hat sich schuldig gemacht” ist ihre Überzeugung und der Tenor ihres aufwühlenden, sperrigen und sehr authentischen Films.